Projekte

Brücken bauen – Eltern als Bildungswegbegleiter stärken: das Projekt Bildungsbotschafter/innen

Wie können Bildungszugänge und Bildungswege noch erfolgreicher für alle Kinder gestaltet werden? Wie kann es vor allem gelingen, dass Eltern und pädagogische Fachkräfte dabei in eine vertrauensvolle Zusammenarbeit kommen, so dass jedes Kind in seinem Aufwachsen bestmöglich unterstützt wird? Das Projekt „Bildungsbotschafter/innen in Kita, Schule und Stadtteil“ ist ein Beispiel dafür, neue, andere Wege zu gehen, um auch solche Eltern systematisch in Bildungsprozesse einzubeziehen, die bisher eher nicht erreicht wurden. Über drei Jahre, von 2015 bis 2018, erprobt das Pestalozzi-Fröbel-Haus als Träger ein Modell, das auf die Prinzipien „Eltern als Expert/innen ihrer Kinder“, „Eltern für Eltern“ und „Bildungspartnerschaft“ setzt. Beteiligt sind Kitas, Schulen, Familienzentren und andere Nachbarschaftseinrichtungen im Schöneberger Norden und Tiergarten-Süd in Berlin. Gefördert wird das Projekt mit Mitteln des Programms Zukunftsinitiative Stadtteil II, Teilprogramm Soziale Stadt“/Netzwerkfonds über das Quartiersmanagement Schöneberger Norden.

Manchmal ist es schwer, als Fachkraft den Weg zu Eltern zu finden, verständlich zu machen, dass Kontakt und Austausch gewünscht ist. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Das kann an Sprachbarrieren liegen, die dazu führen können, dass Eltern beschämende Situationen vermeiden wollen und damit den Kontakt. In manchen Familien wurden die Bildungserfahrungen auch an ganz anderen Orten gemacht und unterscheiden sich stark von dem, was Kinder in den hiesigen Bildungseinrichtungen erleben. Damit fehlt den Eltern ein Erfahrungswissen, das jedoch für die Orientierung und das Zurechtfinden im „System“ von großer Bedeutung ist. Manchmal fehlen jedoch auch Erfahrungen, dass man sich beteiligen kann, und ein Verständnis davon, dass das gewollt ist.

Und genau hier können Eltern, die sich als Brückenbauer/innen verstehen, eine wichtige Funktion einnehmen: Sie überwinden manche Lücken, sie füllen manche Sprachlosigkeit und sie erreichen Eltern, die sonst außen vor bleiben. Im Rahmen einer Gruppendiskussion, die durch das evaluierende Institut DESI initiiert wurde, bemerkt eine Bildungsbotschafterin: „Ich habe früher dieselbe Schule besucht (…), da war zwischen Schule und Eltern eine große Mauer. (…) Wir unterstützen jetzt alle die Schule. Die Schule ist nicht mehr Lehrer und Schulleiter, sondern die Schule ist Schüler, Lehrer und Eltern.“ Die Väter, Mütter und Großeltern, die sich im Projekt zu Bildungsbotschafter/innen qualifizieren, gehören vielfältigen Milieus und verschiedenen Lebenswelten an. Das macht das Innenleben des Projektes so spannend und lebendig, und auch die Wirksamkeit nach Außen. Denn diese Menschen haben Kontakt und Zugang auch zu den communities, zu denen den formalen Bildungsinstitutionen wie Kita und Schule manchmal der Weg versperrt bleibt, weil das Sprechen miteinander erschwert ist, weil Erwartungen aneinander überhöht oder auch zu niedrig sind, weil Bilder und Vorurteile den offenen Blick aufeinander versperren.

Die Brücke zu schlagen gelingt, indem die am Projekt teilnehmenden Eltern zunächst sowohl in ihrer Rolle als Begleiter ihrer eigenen Kinder als auch im Zusammenspiel mit den pädagogischen Fachkräften in Kita, Schule und Stadtteil gestärkt werden. In 18 Seminaren à 3 Stunden erarbeiten sich die angehenden Bildungsbotschafter/innen Kenntnisse rund um die Themen Bildung, Kitas, Schulen, Kindererziehung und Familienleben. Ziel ist der Aufbau von Fachwissen und innerer Kompetenz, um andere Eltern bei diesen Themen gut beraten bzw. unterstützen zu können. „Ich wollte mir gerne noch mal meine eigene Erziehung angucken und das Bildungssystem verstehen, um das Wissen gut an andere weiterzugeben. Ich finde am wichtigsten, wenn es gelingt, Kinder in ihren Bildungswegen zu begleiten, so dass sie Erfolge haben und in der Gesellschaft im positiven Sinne ihren Platz finden und einen Beitrag leisten können“, äußert eine Bildungsbotschafterin in einem Gespräch. Ausgebildete Bildungsbotschafter/innen nehmen dann die Rolle der Multiplikator/innen ein: Sie multiplizieren ein erworbenes Wissen zu Fragen rund um Bildung und Lernen an andere Eltern und sie geben die Idee weiter, dass Eltern zur Beteiligung eingeladen sind, dass sie als Mitgestalter/innen von Bildungsprozessen wichtig sind. Für die Fachkräfte in den Bildungseinrichtungen sind sie zudem Ansprechpartner/innen, wenn der direkte Weg zu einer Familie Unterstützung braucht, wenn Eltern als Gruppe anders erreicht werden wollen oder gemeinsame Vorhaben und Projekte geplant und umgesetzt werden können.

Was tun Bildungsbotschafter und Bildungsbotschafterinnen genau?

Bildungsbotschafter/innen informieren! Wie sieht der Kita-Alltag meines Kindes aus? Was bedeutet die Einschulung für mein Kind? Mein Kind kann sich nicht konzentrieren, was kann ich tun? Wie kann ich mein Kind beim Lernen unterstützen? Welche Wege stehen meinem Kind nach der Berufsbildungsreife, dem mittleren Schulabschluss (MSA) oder dem Abitur offen? Bildungsbotschafter/innen beantworten Eltern diese Fragen oder leiten sie an entsprechende Beratungsstellen weiter.

Bildungsbotschafter/innen vermitteln! Viele Bildungsbotschafter/innen sind zwei- oder dreisprachig und übersetzen bei Bedarf bei Gesprächen zwischen Eltern und pädagogischen Fachkräften in Sprachen wie Arabisch, Türkisch, Farsi, Russisch oder Kurdisch. Kommt es zu einem Konflikt zwischen Eltern und Erzieher/innen oder Lehrer/innen, kann es manchmal hilfreich sein, eine dritte, vermittelnde Person bei einem Gespräch dabei zu haben. Bildungsbotschafter/innen können diese Person sein.

Bildungsbotschafter/innen gestalten! Bildungsbotschafter/innen nehmen regelmäßig an Elterncafés, Elternabenden und Informationsveranstaltungen teil, um für Eltern und pädagogische Fachkräfte ansprechbar zu sein. Je nachdem, welche Räume der Beteiligung es für Eltern in den Einrichtungen gibt, bringen sich Bildungsbotschafter/innen engagiert und kreativ in deren Gestaltung ein.

Für den Erfolg des Projektes ist es wichtig, dass eine gute, vertrauensvolle Beziehung zwischen den Akteuren in den Bildungseinrichtungen und den einzelnen Bildungsbotschafter/innen besteht, und dass es klare Ansprechpersonen in den Einrichtungen gibt. In regelmäßigen Kooperationsgesprächen, die durch das Projektteam unterstützt werden, wird die Zusammenarbeit als Lernprozess für alle Beteiligte gestaltet und als Chance, miteinander zu wachsen. Das Projekt wird durch DESI – Institut für Demokratische Entwicklung und Soziale Integration mit einem Ansatz qualitativ-formativer, prozessbegleitender Praxisforschung evaluiert.

Text: Jetti Hahn, Projektleitung



Großes
Großes Interesse – auch am Stand bei Events wie Stadtteilfesten

Hier
Hier kann man auch gemeinsam gleich etwas lernen

Die
Die Bildungsbotschafter/innen stehen als Ansprechpartnerinnen bereit

Durchgeführt
Durchgeführt wird das Projekt vom Pestalozzi-Fröbel-Haus

Förderung
Förderung kommt über den Netzwerkfonds Soziale Stadt