LERNRAT: Ein partizipatives Verfahren zur Stabilisierung der schulischen Entwicklung von Kinder und Jugendlichen

Zur Entstehung des Lernrats
Auf einer Fortbildung in Amsterdam im Jahr 2014 lernte Tatjana Schulz, Sozialpädagogin des Pestalozzi-Fröbel-Hauses und als Schulsozialarbeiterin an der Rosa-Parks-Grundschule im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg tätig, den Lernkreis kennen. Der Lernkreis liegt dem heutigen Konzept Lernrat zugrunde. Tatjana Schulz entwickelte das Lernrat-Verfahren weiter, so dass es zu den Rahmenbedingungen in Schule und zum Arbeitsfeld Schulsozialarbeit passt, und erprobte es mehrfach erfolgreich im Vorfeld in der Rosa-Parks-Grundschule.
Hieraus entstand das heutige Konzept Lernrat, das schließlich dem Institut für Innovation und Beratung (INIB) an der Evangelischen Hochschule Berlin e.V. zur wissenschaftlichen Weiterentwicklung und Evaluation vorgestellt wurde.
Über einen Zeitraum von eineinhalb Jahren, von September 2014 bis Februar 2016, haben nun fünf Schulsozialarbeiter_innen des PFH an drei Grundschulen und zwei Oberschulen insgesamt 26 Lernräte durchgeführt. Die wissenschaftliche Begleitung und Evaluation wurde von Herrn Prof. Thimm von der Evangelischen Hochschule Berlin und von Herrn Otto Dieners durchgeführt.
Das Verfahren Lernrat sowie die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung wurden auf einem Fachtag der INIB im Mai 2016 gemeinsam präsentiert.
Aus den Ergebnissen entstand eine Broschüre. Und schließlich wurden im Oktober 2016 und Juni 2017 erste Fortbildungen zum/zur Moderator_in Lernrat durch die Fortbildner_innen Yasmin Masch und Tatjana Schulz angeboten.

Was ist der Lernrat und wie wird das Verfahren Lernrat umgesetzt?
Schüler_innen ab 10 Jahren (5.-10. Klasse) wird in ihrer Klasse ein Lernrat durch die Schulsozialarbeiter_innen vorgestellt.
Sie erfahren, dass jeder, der gerne möchte, einen Lernrat einberufen kann – und zwar dann, wenn man selbst gerne etwas verändern oder verbessern möchte und / oder den Eindruck hat, dass man alleine nicht richtig weiter kommt. Z.B. in einem Schulfach oder bei „Wutanfällen“ oder beim „sich Trauen, sich zu melden“ oder auch bei der „Organisation von Schulmaterial“… Ein Lernrat soll Schüler_innen dabei helfen, dass sie ihre eigenen Ziele erreichen können.
Wenn sie sich dafür interessieren, dann sind auch sie es, die Teilnehmende / Einzuladende zu einem Lernratstreffen aussuchen und bestimmen. Denn: Nicht jede(r), den man kennt, ist geeignet, einen beim eigenen Lernen hilfreich unterstützen zu können. Und man selbst weiß am besten, wer dafür gut geeignet sein könnte, von wem man Unterstützung annehmen möchte und kann.

Es ist in der Regel über die Hälfte aller Schüler_innen einer Klasse, die sich zu einem Lernrat anmelden und auf der Warteliste stehen.

Es folgt ein Gespräch, in dem es darum geht, die Ziele genauer zu beschreiben und hilfreiche Unterstützer herauszufinden. Arbeitsmethoden, die der wissenschaftliche Begleiter O. Dieners entwickelt hat, helfen hierbei. Eingeladen wurden Mitschüler_innen, Lehrer_innen, Erzieher_innen, Mütter, Väter, Geschwister, Freund_innen, Betreuer_innen aus Freizeiteinrichtungen…

Die Einladung der von dem / der Schüler_in gewünschten Teilnehmenden zum Lernratstreffen erfolgt nun durch den/die Moderator_in.

Dann schließlich findet das Lernratstreffen statt, das bis zu 90 Minuten dauern kann: Stärken, Talente, besondere Fähigkeiten des/der Schüler_in stehen am Beginn – alle am Lernratstreffen Teilnehmenden konzentrieren sich hierauf und benennen diese. Sie sind die Basis und Ausgangslage für einen gelingenden Rat.
Gemeinsam arbeitet die Gruppe dann daran, dass der / die Schüler_in seine / ihre Ziele erreichen kann: Jeder überlegt, was da wichtig zu lernen / zu tun ist, jede/r versucht, Ideen zur Zielerreichung zu finden und einzubringen und gemeinsam wird bestimmt, was umgesetzt werden soll. Die Stimme des / der Schüler_in ist hierbei von Beginn bis zum Ende des Lernratstreffens die wichtigste und entscheidendste, denn er /sie weiß am besten, was von dem Genannten das wirklich Passende ist, womit es ihm / ihr gelingen könnte, die eigenen Ziele zu erreichen.

Am Ende des Treffens steht ein Plan der Gruppe, der die konkreten Schritte zur Zielerreichung beschreibt, und der von allen gemeinsam vereinbart wird. Voraussetzung ist: Jede/r der Teilnehmenden sieht es als aussichtsreich an, diesen Plan umzusetzen, damit der /die Schüler_in die Ziele erreicht.

In der Regel wird der Aktivitätsplan zur Zielerreichung über durchschnittlich drei Monate umgesetzt. Ein Gespräch über die Zielerreichung nach Ablauf der vereinbarten Aktivitäten mit dem/der Schüler_in bildet den Abschluss des Angebotes Lernrat.

Die wissenschaftlichen Befragungen ergaben: Alle Teilnehmer_innen zeigten sich sehr motiviert mitzuhelfen und fühlten sich stark angesprochen von der Struktur und dem Ablauf des Treffens.
Der Lernrat diente nicht nur der Zielerreichung der Schüler_innen, insbesondere stärkte er auch die Beziehung zu Eltern, die zum Lernrat eingeladen wurden. Sie verbesserte sich durch den positiven und wertschätzenden Rahmen, den das Verfahren Lernrat vorgibt.
Zudem zeigen Schulen, die mit dem Lernrat arbeiten, dass ihnen die Förderung gegenseitiger Hilfe wichtig ist – ein wichtiger positiver Impuls für jede Schulgemeinschaft.

Sie haben Interesse oder Fragen?

Wir freuen uns, wenden Sie sich gerne persönlich über Mail an uns:

Tatjana Schulz
Rosa-Parks-Grundschule
tatjanaschulz-tatjana@web.de

Yasmin Masch
Albrecht-von-Graefe-Oberschule
yasmin.masch@gmx.de


Tatjana Schulz und Yasmin Masch


 

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Gemütlich um den Tisch mit Freunden, Eltern, Erwachsenen und Kindern – und alle überlegen, wie man eim Schulproblem am besten löst