Kotti e.V.: Integration durch Bildung- Kreuzberger Kitas auf dem Weg zum Early Excellence Centre
Das Einzugsgebiet der Kitas des Trägers Kotti e.V. ist das Kottbusser Tor in Berlin, das allgemein als sozialer Brennpunkt charakterisiert wird und dessen Bewohnerschaft überwiegend nichtdeutscher Herkunftssprache ist, über niedriges Einkommen verfügt und sich durch Abhängigkeit von Transferleistungen, geringem Bildungsniveau sowie geringem sozialen Status auszeichnet. Die Familien im Sozialraum sind konfrontiert mit hoher Arbeitslosigkeit, ethnischen Konflikten und Konflikten aus unterschiedlichen Lebenssituationen. Die „Sprachlosigkeit“ vieler Migranten verhindert für Familien und deren Kinder den Zugang zu Bildungsangeboten.
Vor einigen Jahren sind wir auf den Early Excellence Centres Ansatz gestoßen, dessen Gedanke eng verbunden mit der Tradition der „Community Centres“, d.h. der Stadtteilzentren, ist, der sich auch der Kotti e.V. verbunden fühlt. Der Kotti e.V. verfügte bereits über Angebote unter einem Dach, die sich gut in das Konzept einbringen ließen. Dies waren unter anderem: drei Kindertagesstätten mit insgesamt 90 Plätzen, ein Kinderbüro für schulbezogene Jugendsozialarbeit an einer Grundschule, ein Familiengarten mit vielfältigen soziokulturellen Angeboten, verschiedene Beratungsangebote und ein Team mit interkultureller Kompetenz.
Auf dem Weg von der Kita zum Familienzentrum wollten wir die Angebote der Kindertageseinrichtungen mit der Familienbildung, -unterstützung und –förderung verknüpfen und in einem integrierten Gesamtkonzept zusammenführen. Schwerpunktmäßig haben wir unser Vorhaben bisher in der Kita Adalbertstraße, die in unmittelbarer Nähe zum Familiengarten liegt, umgesetzt. Die weiteren Kindertagesstätten sind durch gemeinsame Qualifizierungsmaßnahmen, enge Zusammenarbeit der Kitaleitungen und des Gesamtteams am Projekt beteiligt.
In der Kita Adalbertstraße kommen 90 % der Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund, davon sind 85 % Familien türkischsprachiger Herkunft. Die Familien haben zumeist einen geringen sozialen Status und erhebliche Sprachprobleme. Grundsätze unseres Zusammenseins mit Kindern (und deren Familien) sind gegenseitige Offenheit , Toleranz, Wertschätzung und Respekt. Wir sehen unsere Aufgabe darin, die Kinder in ihrer Entwicklung zu begleiten und zu unterstützen, indem wir ihnen eine anregende Umgebung bereitstellen, ihnen aber auch unterschiedliche Lebensweisen, Fähigkeiten und Interessen (bedingt durch eine bunte Mischung der Kolleginnen) vorleben und anbieten. Wir möchten die Kinder und ihre Familien darin unterstützen, ihre individuellen Fähigkeiten und Ressourcen zu erkennen, auszubauen und für die Bewältigung der vielfältigen alltäglichen Herausforderung nutzen zu können. Methodisch und inhaltlich bauen wir auf dem Berliner Bildungsprogramm sowie auf den Grundsätzen des Pen Green Centres in Corby (EEC) auf.
Nachdem wir uns mit den Gedanken des EEC befasst hatten, führten wir im Januar 2006 eine erste Fortbildung der Kitateams durch. Und wir machten eine Bestandsanalyse der internen Angebote und Bedarfe über Vorort-Besichtigungen und schriftliche Befragungen der Kitaleiterinnen. Bei den Raumgestaltungen stellten wir beispielsweise schnell fest, dass viele der Voraussetzungen in Ansätzen bereits vorhanden waren und dass es vielmehr wichtig war, diese weiter auszubauen und zu verfestigen. Über Elternabende befragten wir die Eltern, was wir ihnen an Angeboten anbieten könnten. Am Anfang war es so, dass die Eltern gar nicht so recht wussten, was wir von ihnen wollten. Sie wirkten vielleicht ein bisschen überfordert. Doch ein Wunsch wurde von allen geäußert: „Wir wollen die bestmögliche Förderung für unser Kinder“.
Als ersten Schritt begannen wir Transparenz zu schaffen, über unsere tägliche Arbeit mittels Fotos und Aushängen zu berichten. Dann stand die interne Qualitätsentwicklung für uns im Fokus. Im Januar 2007 wurde eine Teamfortbildung in Zusammenarbeit mit dem Pestalozzi-Fröbel-Haus organisiert, die insbesondere die Beobachtungssystematik zum Ziel hatte. Mittlerweile werden ein bis zwei Kinder pro Woche von allen Kolleginnen unabhängig voneinander zu unterschiedlichen Zeitpunkten in selbstgewählten Tätigkeiten beobachtet. Nach Auswertungen der Beobachtungen im Team werden für jedes Kind individuell Angebote durchgeführt, auf Wunsch auch mit Spielpartnern. Dieses Angebot wird in einem Situationsbuch festgehalten, das auch als Grundlage für das Elterngespräch dient.
Auch die Eltern haben wir in die Beobachtungssystematik eingeführt. Ihre Reaktionen:
– sie waren begeistert und sehr interessiert,
– sie drückten ihre Freude darüber aus, dass ihrem Kind so viel ungeteilte Aufmerksamkeit geschenkt wird,
– einige der Eltern nahmen die Bögen mit nach Hause, um dort zu beobachten,
– viele fanden über die Beobachtungen einleuchtende Erklärungen für bestimmte Verhaltensmuster ihrer Kinder.
Mittlerweile werden wir von den Eltern gefragt, wann denn ihr Kinder endlich wieder beobachtet werden.
Ähnliche Wirkung hat die Beobachtung auf die Kinder, aber auch auf die Kolleginnen, die ihre Arbeit und die Kinder ganz anders wahrnehmen und sich bei Elterngesprächen sicherer fühlen.
Für die Vernetzung in den Sozialraum entwickeln die Einrichtungen des Kotti e.V. unterschiedliche Maßnahmen. So sollen zum Beispiel die Versorgungszeiten für Kinder und Familien ausgeweitet, Beratungsangebote für Eltern und spezielle Angebote für Familien/Kinder in schwierigen Lebenssituationen entwickelt und indiviuelle Bildungsgänge begleitet werden. Die Mitarbeiterinnen verstehen sich als „Family Worker“ und sollen für die Eltern eine Lotsenfunktion übernehmen und übergreifende Kooperationen aufbauen.
Und die Kitaleiterin der Adalbertstraße nimmt in diesem Jahr an der Weiterbildung des Vereins zur EEC-Beraterin teil.
Das Projekt wurde aus Mitteln des Programms Soziale Stadt gefördert. Mehr Informationen zu unserer Arbeit finden sie im angehängten Dokument „Integration durch Bildung – Von der Kita zum Familienzentrum“.
Kotti
Nachbarschafts- und Gemeinwesenverein am Kottbusser Tor e.V.
Dresdner Str. 10
10999 Berlin
kotti@berlin.de
Integration durch Bildung – Von der Kita zum Familienzentrum