Qualität in der Frühkindlichen Bildung in Deutschland

Die Bewährung des Early Excellence-Ansatzes in verschiedenen sozialen Milieus

Am 23.06.2017 fand in der Landesvertretung Baden-Württemberg in Berlin eine Fachtagung der Heinz und Heide Dürr Stiftung mit rund 100 Teilnehmenden statt. Anlass war die Vorstellung der Forschungsergebnisse der Studie „Nachhaltige Bildungsprozesse im Übergang von der Kita in die Grundschule – eine Evaluationsstudie zum Early Excellence-Ansatz in Deutschland“.

Ob und wie Early Excellence die weiteren Entwicklungsverläufe von Kindern beeinflusst und welche Rolle dabei die Einbeziehung von Eltern spielt, hat ein auf zwei Jahre angelegtes Forschungsprojekt am Institut für Fortbildung, Forschung und Entwicklung (IFFE) an der FH Potsdam unter der Leitung von Professor Dr. Rita Marx untersucht. Folgende Fragestellungen standen dabei im Fokus:

  • Welche nachhaltigen Erfahrungen von Bildungs- und Lernprozessen machen Kinder
    und Eltern in Early Excellence (EE)-Einrichtungen? Gibt es milieuspezifische
    Erfahrungen?
  • Wie beeinflusst die EE-Einrichtung weitere Entwicklungsverläufe von Kindern
    in der Grundschule?
  • Wie kann es gelingen, Eltern nachhaltig in die Bildungsprozesse ihrer Kinder
    einzubeziehen?
  • Welche Implikationen ergeben sich aus den wissenschaftlichen Befunden für die
    aktuelle bildungspolitische Diskussion über die Qualität frühpädagogischer
    Erziehung und Bildung?

 

 

 

 

 

In den Grußworten von Staatssekretär Volker Ratzmann, dem Bevollmächtigten des Landes Baden-Württemberg beim Bund, von Caren Marks, der Parlamentarischen Staatssekretärin im BMFSFJ und von Heinz Dürr, dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Heinz und Heide Dürr Stiftung, wurde das Thema der Veranstaltung in einen weiteren bildungspolitischen Qualitätsdiskurs eingeordnet. „Für meine Frau und mich, als Quereinsteiger auf dem Gebiet der frühkindlichen Bildung, sind die Strukturen in der frühkindlichen Bildungslandschaft vor allem verwirrend und nicht effizient“, so Heinz Dürr. „Es gibt bisher in Deutschland nur ansatzweise jene Strukturen, die für gute Qualität in der Bildung von Anfang an erforderlich wären. Die Ausbildung der Fachkräfte lässt zu wünschen übrig, die Bezahlung ist schlecht und in Deutschland sehr unterschiedlich.“ Caren Marks bestätigte, dass hier nachgebessert werden müsse, und führte aus, welche Ziele die gemeinsame Qualitätsoffensive frühkindliche Bildung von Bund, Ländern und Kommunen verfolgt.

Prof. Rita Marx fasste in ihrem anschließenden Vortrag die Ergebnisse der Forschung wie folgt zusammen: „Sozialraumübergreifend profitieren alle Kinder von der EE-Kita; alle haben in der Kita eine gute bis sehr gute Entwicklung genommen. Von welchen Aspekten der Kita die Kinder im Detail besonders profitieren konnten, ist individuell verschieden. Besonders bedeutsam scheint aber, dass alle Kinder Kompetenzen zur Selbstorganisation erworben haben, diese Kinder gelten (meist auch in der Schule) als selbstständig und orientiert. Alle Kinder des Samples zeigen eine stabile Sozialkompetenz, auch in der Schule. In einigen Fällen ist der Kita eine wichtige psychische Stabilisierung gelungen. Alle Kinder verfügen über ein positives Selbstkonzept. Sie haben – auch zum zweiten Erhebungszeitpunkt – ein positives Selbstbild als Schulkind, teilweise sogar unabhängig davon, wie sie dort faktisch zurechtkommen. Dies verdeutlicht auch, dass der Erfolg im Sinne von EE nicht ausschließlich am Schulerfolg zu messen ist, sondern zumindest anteilig auch am Gewinn psychischer Kapazitäten (Optimismus, Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten, Strategien des Umgangs mit schwierigen Situationen etc.). In der Kita erworbene psychosoziale aber auch formale Kompetenzen stehen den Kindern also weitgehend auch in der Schule zur Verfügung.“

Im Anschluss an die Präsentation der Ergebnisse wurde in einem World Café anhand verschiedener Fragestellungen diskutiert, was die Ergebnisse für die praktische Arbeit bedeuten:

  1. Offene Arbeit im Early Excellence-Ansatz – Reine Selbstbildung versus gezielte Anregung kindlicher Aneignungsprozesse – wann und wie darf ich fördernd, strukturierend oder grenzsetzend auf Kinder zugehen?
  2. Das „exzellente Kind“ und die Gruppe – und wie nutzt man die entwicklungsförderliche Funktion von Gruppenprozessen?
  3. Kommunikation mit Eltern auf Augenhöhe – und wie geht man mit differenten Bildungs- und Erziehungsvorstellungen um?

Die Diskussionen wurden bei einem kulinarischen Ausklang fortgesetzt. Die Ergebnisse der Tagung werden in einer Dokumentation veröffentlicht.