Liebe Leserinnen und Leser,

auch im Namen des Vereinsvorstands wünsche ich viel Spaß beim Erforschen der Early Excellence Welt in Deutschland. Es gibt eine Menge zu berichten. Auch über Ihre Arbeit? Schicken Sie uns Ihre Informationen an info@early-excellence.de.

Isa Baumgarten
Geschäftsführerin


Zehn Jahre Early Excellence

Zusammenarbeit mit den Eltern neu denken und gestalten

Ein Beitragvon Jutta Burdorf-Schulz, Leiterin der Kiezoase am Pestalozzi Fröbel Haus und Koordinatorin bzw. Referentin der Weiterbildungsveranstaltung unseres Vereins.

Einer der Grundpfeiler des Early Excellence Ansatzes ist eine gelingende Erziehungspartnerschaft mit Eltern. Das hört sich erst einmal ganz vertraut und bekannt an, ist es aber bei näherem Hinschauen nicht. Das herkömmliche Verständnis der Beziehung zu den Eltern war geprägt von Begrifflichkeiten wie: Elternarbeit, Elternbildung, Elterntraining u.s.w. Damit wird deutlich, was herkömmlich das vorrangige Anliegen war: „Wir wollten die Eltern fit machen für die Betreuung, Erziehung und Bildung ihrer Kinder und wir sind dafür die zuständigen Fachleute.

In der Zusammenarbeit mit Eltern im Rahmen der Entwicklung des Early Excellence Ansatzes hat sich gezeigt, dass der wichtigste Schlüssel zur erfolgreichen Umsetzung in der Entschiedenheit und Konsequenz liegt, mit der ein ressourcenorientiertes Menschenbild und eine zugewandte und positive Grundhaltung zu Kindern, Eltern und Familien umgesetzt und gelebt wird. Sehr anschaulich beschreibt Johannes Schopp die Notwendigkeit, ein neues Verständnis zu entwickeln, das geprägt ist von einer „dialogischen Grundhaltung in seinem Buch – Eltern stärken – Dialogische Elternseminare (1). Die Voraussetzung für einen gelingenden Dialog ist es, eine Atmosphäre zu schaffen, die eine offene Begegnung miteinander erleichtert und ‚Türöffner‘ für weitere Entwicklungen ist.

Das Kind wird in der pädagogischen Praxis des Early Excellence Ansatzes in seinen Stärken und Kompetenzen wahrgenommen. Diese herauszufinden, zu beobachten, zu dokumentieren, individuell zu fördern und zu unterstützen geht nicht ohne die Eltern.
Die Eltern sind die ersten und die wichtigsten Bezugspersonen der Kinder und sie sind durch ihre eigenen Erfahrungen Experten für ihr Kind. Diese Sichtweise fordert von uns eine veränderte Haltung gegenüber Eltern und Familien. Wie Elterninterviews gezeigt haben, kommen Eltern häufig mit der Erwartungshaltung, dass sie etwas falsch gemacht haben, dass sie etwas in der Erziehung dazu lernen müssen, sie haben Defizitgefühle oder sind zumindest verunsichert. Darin werden sie häufig von Pädagogen noch bestärkt und das wiederum bestimmt die Beziehung zueinander. Dabei sollte es vielmehr die erste Aufgabe in der Zusammenarbeit mit den Eltern sein, diese in ihrer eigenen Entwicklung und in ihrem Selbstbewusstsein zu stärken. Die Würdigung von Stärken motiviert Menschen, sich mit ihren Problemen konstruktiv auseinander zusetzen. Die vorhandenen Ressourcen müssen ihnen wieder bewusst werden und dies erfordert eine Haltung, die geprägt ist von Achtung und Respekt.

Für die Zusammenarbeit mit den Familien gelten deshalb im Early Excellence Ansatz folgende Leitsätze:
Wir gehen davon aus, dass alle Eltern das Beste für ihr Kind wollen.
Diese Haltung ist hilfreich, besonders in prekären Erziehungssituationen. Wenn Eltern und Pädagogen dieses gemeinsame Ziel – das Beste für das Kind – verfolgen, können sie gemeinsam überlegen, wie gute Entwicklungsbedingungen für das Kind geschaffen werden können.
Die Eltern werden ganzheitlich in ihren verschiedenen Rollen und Identitäten gesehen.
Eine Mutter ist nicht nur Mutter, sondern eine Frau, eine Partnerin, eine Türkin, eine Berufstätige oder eine Arbeitssuchende und auch ein Teil ihres Familiensystems.
Je bildungsbenachteiligter Familien sind, desto dringlicher ist es, eine gute und vertrauensvolle Atmosphäre herzustellen, wo alle beteiligt sein können.
Vor jeder möglichen Bildungsarbeit steht die Schaffung einer akzeptierenden und wertschätzenden Atmosphäre, in der Eltern und Kinder sich wohlfühlen. Der Gesamteindruck der Familie muss sein: „Hier sind wir willkommen, alle sind zum Bleiben eingeladen. Dies wird durch die Haltung und Einstellung der Mitarbeiter/innen und in der Gestaltung der Einrichtung deutlich ausgedrückt.
Das Team einer Einrichtung muss definieren, wie „weit sie sich öffnen wollen und können.
Die Konsequenzen dieser Entscheidung müssen bedacht und berücksichtigt werden. (Was brauchen wir? Wer kann was? Wer kann uns unterstützen à Netzwerke schaffen)
Der Träger muss bereit sein, die Mitarbeiter/innen bei der Umsetzung dieses Konzeptes zu unterstützen und zu begleiten.
(Mitarbeiterauswahl, Supervision, Fallbesprechungen, Fortbildung, Hospitationen in anderen Einrichtungen)
Die Entwicklung von integrierten Angeboten für Familien werden auf den Sozialraum abgestimmt.
Eine Evaluierung der Bedürfnisse von Familien und/oder der Wirkung bereits vorhandener Angebote für Kinder und Familien im Einzugsgebiet bilden die Grundlage für die Weiterentwicklung des Familienzentrums. Dies geschieht unter Berücksichtigung von vorhandenen Angebotsstrukturen im Sozialraum und gemeinsam mit anderen Einrichtungen im Stadtteil.

(1) Johannes Schopp, Eltern stärken. Dialogische Elternseminare- Ein Leitfaden für die Praxis, 2006 Verlag Barbara Budrich, Opladen