St. Josef Stuttgart: Kinder- und Familienzentrum

Auf dem Weg zu einem Early Excellence Centre

Der Ursprung der heutigen Verbundeinrichtung St.Josef im Stuttgarter Osten reicht ins Jahr 1925 zurück. Damals wurde das ehemalige Vereinsheim St.Nicolaus in der Kniebisstrasse von Stadtpfarrer Ströbele auf den Namen St.Josefsheim eingeweiht. Ein Kindergarten mit immerhin 100 Kindern und eine Nähschule, die von 80 jungen Mädchen besucht wurde, waren die Angebote des Josefsheims im Gründungsjahr 1925.

Seit diesem Zeitpunkt ist St.Josef durch das Eingehen auf die Bedürfnisse der jeweiligen Zeit und das Eingebettet sein im Stadtteil über einen Zeitraum von mehr als 80 Jahren zu einem festen Bestandteil des Stuttgarter Ostens geworden. Im Laufe dieser Zeit ist aus dem Josefsheim das Kinderzentrum St.Josef und 1997 dann die St.Josef gGmbH geworden.
Zu der Betreuung in der Kindertagesstätte und den Familienbildungsangeboten gesellte sich 1935 die erste Heimgruppe, wo Kinder im Rahmen der Heimerziehung stationär untergebracht waren. Die Angebote in St.Josef veränderten sich immer wieder. Es entstanden in Innenwohngruppen und Dezentrale Wohngruppen sowie Anfang der 80er Jahre die Therapeutischen Tagesgruppen (insgesamt 6), in denen dem erhöhten Förder- und Unterstützungsbedarf von Kindern in besonderer Weise Rechnung getragen werden konnte. Mittlerweile wurden die Therapeutischen Tagesgruppen in Stuttgart vom „Markt weitgehend verdrängt und durch stärker individuumsbezogene Hilfen abgelöst. Parallel dazu expandierte die Kita mit einer immer mehr sich differenzierenden Angebotspalette.

In St.Josef haben wir also eine „bewegte Vergangenheit. Das ist einerseits gut so, denn Stillstand würde hier niemanden zufrieden stellen und den sich verändernden Bedürfnissen der Familien nicht gerecht werden. Andererseits ist manchmal, wenn wir in einen Strudel extern initiierter Veränderungen geraten sind, auch die wichtige Bedeutung eigener Werte und Standpunkte deutlich zu Tage getreten, die uns immer wieder die nötige Orientierung in Veränderungsprozessen geboten haben.

So heißt es bspw. in der Jubiläumsschrift anlässlich des 75-jährigen Bestehens zum Selbstverständnis der Arbeit in St.Josef: „erstes Ziel war und ist, die Kinder und Jugendlichen auf ihrem Weg zu einer Persönlichkeit – in Kooperation mit den Eltern – zu unterstützen und zu begleiten. Dazu gehört, deren Stärken und Talente zu erkennen und zu fördern und deren Schwächen liebevoll zu begegnen (…) Jeder Mensch ist als Ebenbild Gottes einzigartig und somit wert angenommen und geliebt zu werden. Dies bedeutet auch die Achtung vor den Menschen anderer Kulturen und Religionen.

In dieser Textpassage sind auch wichtige Grundgedanken des Arbeitsansatzes der Early Excellence Centre (EEC) wieder zu finden, die nachvollziehbar werden lassen, warum wir uns in St.Josef für die Umsetzung des EEC-Konzeptes entschieden haben. Ressourcenorientierung, der Gedanke der gelebten Erziehungspartnerschaft mit den Eltern und ihre Anerkennung als „erste Erzieher ihrer Kinder, der „positive Blick auf Kind, Eltern und die kulturelle Vielfalt in St.Josef (derzeit verzeichnen wir 35 verschiedene Herkunftsländer der Familien) und die Stadtteilorientierung/Öffnung ins Gemeinwesen korrespondieren im EEC-Konzept mit der oben dargestellten Ausrichtung der Arbeit in St.Josef.

Heute werden im Kindertagesstättenbereich von St.Josef ca. 215 Kinder im Alter von 0-14 Jahren betreut. Hier wird auf der Grundlage des Orientierungsplans für Bildung und Erziehung Baden-Württemberg seit dem Kindergartenjahr 2007/08 das EEC-Konzept eingeführt und im Laufe der nächsten drei Jahre umgesetzt. Die Betreuung der Kinder in den insgesamt acht Kita-Teams von St.Josef findet in alters- und geschlechtsgemischten Gruppen in verschiedenen Betreuungsformen (Krippe, Ganztageskindergarten, Regelkindergarten, Veränderte Öffnungszeiten, Hort) statt. Die Kindertagesstättengruppen verstehen sich als Bildungseinrichtung, die sich an den individuellen Bedürfnissen der Kinder und ihrem jeweiligen Entwicklungsstand sowie an deren Lebenssituation ausrichtet.

Auch im Bereich Hilfen zur Erziehung (HzE) ist in St.Josef der „Maßanzugsgedanke leitend für die Ausgestaltung der jeweiligen Hilfe. Nicht vom „fertigen Angebot, sondern vom individuellen Bedarf des Kindes/der Familie sollen Hilfen entwickelt und geleistet werden. Im Bereich HzE betreut St.Josef ca. 250 Kinder und ihre Familien jährlich ambulant, die unter rechtlichem Aspekt Hilfe zum Beispiel in Form von Sozialpädagogischer Familienhilfe, Erziehungsbeistandschaft, Flexibler Tagesgruppe, Sozialer Gruppenarbeit und Betreutem Jugendwohnen erhalten. Außerdem werden etwa 40 Kinder/Jugendliche in Wohngruppen betreut und einige wenige in Form Intensiver Sozialpädagogischer Einzelhilfe und in Erziehungsstellen.

Die zentrale Funktion und Bedeutung der Eltern für eine gelingende Entwicklung ihres Kindes versuchen wir in allen Betreuungsbereichen von St.Josef zu erkennen, durch unsere Arbeit zu ergänzen und Eltern in der Erziehung ihrer Kinder zu unterstützen.

Nicht zuletzt deshalb haben wir uns entschlossen, mit dem Familienzentrum St.Josef einen Ort für gemeinsames Erleben von Eltern und Kindern zu schaffen, einen Ort für Begegnung von Eltern untereinander (auch selbst organisiert und „erzieherfrei), aber auch einen Ort für soziale Dienstleistungen (Beratung, Training, Vorträge, Kurse …). An diesem Ort soll Zugehörigkeit erlebbar werden und jeder soll unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion, sozialem Status sein dürfen, was und wie er ist und gerade darin Achtung und Annahme erfahren. Neue Lern- und Lebenserfahrungen sollen hier ermöglicht werden, bei denen sich jeder mit seinen Neigungen und Fähigkeiten einbringen kann, gewinnbringend für sich und für andere. Entmutigte und vom Leben enttäuschte Menschen können hier Impulse erhalten, ihr Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen, sich zu engagieren und ihre eigene Wirksamkeit zu erfahren.

St.Josef hat sich für EEC nicht nur deshalb entschieden, weil dieses Konzept zum Werteprofil der Einrichtung und ihre Entwicklungslinie organisch sehr gut passt, sondern auch weil wir eine große Chance darin sehen, die Kinder und Familien, die wir im Rahmen von HzE betreuen, in zukünftige Entwicklungen mit einzubeziehen. Vereinfacht ausgedrückt wollen wir das Kind nicht erst dann retten, wenn es in den Brunnen gefallen ist, sondern durch präventives Handeln die Entwicklung möglichst gar nicht an diesen Punkt kommen lassen. Das EEC-Konzept mit seinem Ansatz, Eltern und Kinder zu einem frühen Zeitpunkt zu erreichen und Zugänge über konkretes, positiv bewertetes Handeln des Kindes zu erleichtern, erscheint uns für die Zusammenarbeit mit Eltern, die HzE erhalten, sehr geeignet.

Wir hoffen, mit EEC das Interesse für eine freudige Anteilnahme an der Entwicklung ihres Kindes bei den Eltern noch steigern zu können und somit einen Beitrag dazu leisten zu können, dass Eltern ihren Alltag mit den Kindern gut bewältigen können und ihn eigenverantwortlich und mit Zuversicht und Wohlbefinden gestalten können.