Ein Gedanke breitet sich weiter aus

Ein Bericht von Marlies Leifgen, Fachberaterin beim DRK Coesfeld.

Als Deutsches Rotes Kreuz im Kreisverband Coesfeld beraten und unterstützen wir 23 Kindertageseinrichtungen in Trägerschaft einzelner DRK Ortsvereine im Kreis Coesfeld. Als das Land NRW sich 2006 auf den Weg machte, Familienzentren zu installieren, orientierte man sich durchaus auch an dem Beispiel der Early Excellence Centres in England.
Das war für mich als zuständige Fachberaterin des Deutschen Roten Kreuzes im Bereich des Kreises Coesfeld, Anlass, an der ersten Mulitplikatorenausbildung zur Early Excellence Beraterin 2006 in Berlin teilzunehmen.

Je intensiver ich mich mit diesem Ansatz auseinandersetzte, desto mehr überzeugte mich die Haltung, die hinter diesem pädagogischen Ansatz steht. Gleichzeitig stellte ich viele Parallelen zu unseren DRK Grundsätzen fest: Das Kind in den Mittelpunkt zu setzen, es als eigenständige, kompetente Person wahrzunehmen und so entsprechend mit ihm zu agieren, entspricht unseren Grundsätzen des Deutschen Roten Kreuzes:

– Achtung vor jedem Einzelnen zu haben
– ihn wertzuschätzen ohne auf Status, Herkunft, Religion zu schauen
– Toleranz anderen gegenüber zu üben
– Hilfesuchenden ihre eigenen Kompetenzen nicht abzuerkennen und sie in ihrer Situation wahrzunehmen,
– nicht übergriffig zu werden, sondern abzuwarten, inwieweit und ob meine Unterstützung und Hilfe erwünscht ist.
– sich nicht unersetzbar machen, Hilfe zur Selbsthilfe geben
– Freiraum lassen zur eigenen Gestaltung

Auf die uns anvertrauten Kinder bezogen bedeutet das, dass wir sie als unverwechselbare kompetente Persönlichkeiten sehen mit allen Voraussetzungen, ihre eigenen Entwicklungsschritte zu tun. Als Erzieher sind wir Lebens- und Lernbegleiter und Impulsgeber. Unsere Aufgabe ist es, genau zu beobachten und hinzuschauen, was die Themen und Interessen des Kindes sind und seine Stärken zu erkennen und zu benennen. Gleichzeitig gehört dazu, die Eltern als die ersten und wichtigsten Erzieher ihres Kindes wertzuschätzen und anzuerkennen: Eltern sind die Experten ihres Kindes.

Im Zuge meiner Beratungstätigkeit machte ich alle Kitas mit diesem Ansatz bekannt. Der DRK Kreisverband Coesfeld e.V. organisierte und finanzierte eine gemeinsame Studienfahrt nach Berlin, wo wir in den ersten EEC Einrichtungen in der Schillerstraße und der Barbarossastraße hospitieren durften. Auf dieser Fahrt begleiteten uns auch die Träger der Kitas: Uns war es wichtig, dass sie die Einrichtungen in ihrem Umwandlungsprozess aktiv und bewusst unterstützen.

So gingen im August 2008 die ersten 3 Kindertageseinrichtungen an den Start. Wir organisierten eine große Auftaktveranstaltung, um die Öffentlichkeit zu informieren und luden beteiligte Partner wie die zuständigen Jugendämter, politische Vertreter, Träger von Kitas etc. dazu ein. Als Referenten gewannen wir Frau Dr. Annette Lepenies vom Early Excellence Verein in Berlin sowie Julia Spencer und Kali Lewis aus Wolverhampton/England. Diese Veranstaltung traf auf großes Interesse und Anerkennung. Die praktische Umsetzung in den Kitas verlief sehr erfreulich: Ich hatte es mit hochmotivierten MitarbeiterInnen zu tun, die ebenfalls wie ich, von der Idee entzündet waren. Trotz personeller Engpässe und nicht immer optimalen räumlichen Bedingungen, viel Druck durch politische Neuerungen im Kita Bereich (die Einführung eines neuen Kindergartengesetzes stand in Haus), haben sich alle Kolleginnen auf die Veränderungen eingelassen. Sie gestalteten aktiv mit, weil sie auch spürten: Nicht alles, was bisher gemacht wurde, war schlecht. Eine Bestandsaufnahme bestätigte vieles in der bisherigen Arbeit und die Umwandlung stellte sich eher als Weiterentwicklung heraus. So zum Beispiel arbeiteten alle drei Einrichtungen bereits nach dem offenen Konzept und wandten als Beobachtungsinstrument die Leuvener Engagiertheitsskala an.

In den folgenden Jahren kamen immer wieder Einrichtungen auf mich zu, die auch in den Transferprozess einsteigen wollten. Durch Presseartikel und den Austausch aller Einrichtungen untereinander, der Möglichkeit zu hospitieren, durch Arbeitskreise für Erzieherinnen, in denen über die Arbeit mit dem Early Excellence Ansatz berichtet wurde, trug sich die Idee immer weiter. Mittlerweile setzten 9 von 23 Einrichtungen den Ansatz in die Praxis um bzw. befinden sich auf dem Weg.
Zum Beginn des neuen Jahres kommen noch weitere 2 Einrichtungen hinzu und andere haben ihr Interesse an der Umsetzung des EEC Ansatzes bekundet. Da jede Einrichtung jedoch engmaschig von mir als Fachberatung begleitet und unterstützt wird, können nicht alle parallel starten.

Dem Start in die Umwandlung gehen immer 2 Teamtage voraus, an denen wir uns mit Grundlagen wie persönliche Haltung, den pädagogischen Strategien, aktuellen Ergebnissen der Hirnforschung zum Lernen etc. auseinandersetzen. Ein großer Block ist das Thema : Beobachtung und Dokumentation. Ebenfalls stehen Inhalte wie Material und Raumgestaltung sowie die Erziehungspartnerschaft mit den Eltern im Focus. Jede Einrichtung wird im Prozess individuell unterstützt: Auswertung von Beobachtungen, Vorbereitung von Elterninformationsabenden, Gesprächsführung etc. Durch den engen Austausch der Einrichtungen untereinander geben die Kolleginnen und Kollegen sich gegenseitig Beratung und Anregungen. Es hat sich ein Arbeitskreis gebildet, an dem alle EEC Einrichtungen teilnehmen und aktuelle Themen besprechen.

Ein Ergebnis dieser Runde ist die Organisation des 1. Early Excellence Fachtages im DRK Kreisverband Coesfeld. Am 14. Oktober 2011 fand eine gut organisierte und inhaltlich gut vorbereitete Tagung statt, an der alle Mitarbeiterinnen aus den EEC Einrichtungen und auch andere Interessierte teilnahmen. Als Referentinnen konnten für diesen Tag Frau Barbara Kühnel, Fachberaterin des PFH Berlin und Frau Susanne Gebert, Leiterin der Kita Barbarossastraße gewonnen werden.

Drei Hauptthemen wurden behandelt:
– Der positive Blick – Blick durch die rosarote Brille?
– Erziehungspartnerschaft mit den Eltern
– Die Rolle der Erzieherin im EEC Ansatz

Es gab einen regen Austausch mit vielen Möglichkeiten zum Sichten von Praxismaterialien. Diese Veranstaltung mit mehr als 100 Teilnehmern war Motivation und Bestätigung zugleich. Insgesamt lässt sich rückblickend feststellen: Der EEC Gedanke hat zunächst im Kreis Coesfeld einen kleinen Funken entfacht, der sich nun zu einem Feuer ausgebreitet hat und weiter um sich greift. Wir sind auf einem guten Weg für und mit unseren Kindern und Familien einen hohen Qualitätsstandard der frühkindlichen Bildung vorzuhalten. Nach diesem Ansatz zu arbeiten macht einfach Spaß!!!


Stärken möglichst früh fördern

Acht DRK-Kitas im Kreis arbeiten schon nach EEC

Quelle: AZ Coesfeld, 20.10.2011

Mehr als 100 Interessierte haben sich jetzt zur 1. Fachtagung ,,Early Excellencedes DRK-Kreisverbandes Coesfeld eingefunden, die in Davensberg stattfand. Über die große Resonanz freuten sich auch die Organisatoren des Deutschen Roten Kreuzes. Im Mittelpunkt standen die Qualität und die Bedeutungder frühkindlichen Bildung in Kindertageseinrichtungen. Die Teilnehmer, Erzieher aus den Einrichtungen, Leitungen, Mitarbeiter der Jugendämter und Fachschulen sowie Fachberaterinnen, setzten sich mit dem in England entwickelten pädagogischen Ansatz ,, Early Excellence auseinander, in dem es darum geht, möglichst früh die individuellen Stärken und Interessen des Kindes durch gezielte Beobachtungen zu erkennen und zu fördern. Dieses kann immer nur gelingen, wenn die Eltem als ,,Experten ihres Kindes mit in die Bildungsprozesse einbezogen werden.

Die Referentinnen aus Berlin, die seit 2001 dort die ersten deutschen Kitas auf ihrem Weg zu Early Excellence Einrichtungen begleitet haben, berichteten von ihren Erfahrungen und gaben Impulse und Antworten auf offenen Fragen. In vier Arbeitsgruppen wurde lebhaft diskutiert und es wurden neue Ideen entwickelt.

Im Kreis Coesfeld arbeiten seit 2008 bisher acht Kitas des Deutschen Roten Kreuzes nach diesem pädagogischen Konzept. Die Rückmeldungen aus der Praxis stimmen zuversichtlich, dass man sich auf dem richtigen Weg befindet. Die nächsten drei Kitas stecken bereits in den Starlöchern und werden sich im kommenden Jahr in den Transferprozess begeben.


Kinder
Kinder brauchen Raum für Entfaltung

Kinder
Kinder beim Schminken