Neue Publikationen im PFH
In der DVD-Publikationsreihe des PFH sind zwei neue Videodokumentationen veröffentlicht worden:
„Wie lernt mein Kind? – Erziehungspartnerschaft im Early Excellence Zentrum“ Kamera-Ethnographische Studien des Pestalozzi-Fröbel-Hauses, DVD 3Von Bina Elisabeth Mohn und Sabine Hebenstreit-Müller
Die Studie ist im Berliner Kinder- und Familienzentrum Schillerstraße entstanden.Wie gelingt die Zusammenarbeit von Eltern und Erzieher/innen? Wie können sie sich über die Entwicklung und Bildungsprozesse der Kinder verständigen? Am Beispiel von vier Kindern im Alter zwischen zwei und sechs Jahren werden Wahrnehmung und individuelle Förderung in Elternhaus und Kita untersucht und das Kooperationsmodell des sog. ‚Pen-Green-Loops‘ vorgestellt.Die kamera-ethnographischen Studien zeigen die Vorlieben der Kinder zu Hause und in der Kita, ihre Beobachtung und Förderung in der Kita unter Einbeziehung des Elternhauses. Die Nutzung von Beobachtungsprotokoll, Entwicklungsordner oder Lernkreis (PLOD), Fotos und Videos in der Kommunikation zwischen Eltern und Erzieher/innen wird vorgestellt, die Idee der Rückkopplungsschleife zwischen Eltern und Erzieher/innen wird aus der filmischen Montage heraus erfahrbar: Es werden dabei Situationen miteinander verflochten, die im Zusammenhang einer Lern- und Forschungs-gemeinschaft von Kita und Familie stehen. Prof. Dr. Ursula Rabe-Kleberg benennt anhand der Videos Qualitätsmerkmale professionellen Handelns und der Zusammenarbeit mit den Eltern.Erscheinungsjahr: 2008Vertrieb der DVD:IWF Wissen und Medien gGmbHNonnenstieg 72, 37075 GöttingenFon: +49 (0) 551 5024 0www.iwf.deBestellnummer C 13 138
„Schule für Kinder – Rhythmen ganztägigen Lernens im Grundschulalter“ Kamera-Ethnographische Studien des Pestalozzi-Fröbel-Hauses, DVD 4 Von Bina Elisabeth Mohn und Sabine Hebenstreit-Müller
Es werden Lernklima und Abläufe in einer jahrgangsübergreifenden Lerngruppe gezeigt: Lernen zwischen Arbeit und Spiel, Klang und Stille, Individuellem und Gemeinschaft; Lesen zwischen Performance und Klausur, Abenteuer und Liebe; Schule zwischen Angebot und Eigeninitiative, Neugier und Geborgenheit. Wie kann das gelingen? Drehort Neumark-Grundschule: gebundene Ganztagsgrundschule in Berlin Schöneberg, 98 Prozent der Kinder sind nichtdeutscher Herkunfts-sprache.
Die Schule kooperiert mit dem PFH und befindet sich in einer Phase produktiven Umbruchs. Kerstin Schulte-Heuthaus (Lehrerin) und Wiebke Retzlaff (Erzieherin) laden zur Videobeobachtung in ihre Klasse ein, flexible Eingangsstufe der Klassen 1 und 2.
In den Teilen Lernen, Lesen und Leben geraten Lernklima und Rhythmen einer Ganztagsschule in den Blick: offener Anfang, Morgenkreis und Lernwege; Lesezeit und Lesennacht; Pausen, Schulstation und Spielzeit. Da, wo es persönlich bedeutsam wird, da sind diese Kinder motiviert. Und das scheint mir hier in dieser Klasse ganz hervorragend zu gelingen – das ist eigentlich Lernen, so wie man sich das wünscht, analysiert Prof. Dr. Marianne Horstkemper (Universität Potsdam) die Videos.
Zwei weitere Teile der DVD befassen sich mit der Einbindung der Grundschule in den Stadtteil: Beim Frauenfrühstück wird spielend gelernt, Tee getrunken, einem Vortrag über Psychomotorik gelauscht, lachend die eigene körperliche Geschicklichkeit erprobt. Über Prozesse und Strukturen einer gelingenden Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe informieren Ulf Schröder (Schulleiter) und Gerd Schmitt (PFH).
Erscheinungsjahr: 2008
Vertrieb der DVD:
IVE Institut für Visuelle Ethnographie
Am Steinsgraben 15
37085 Göttingen
Fon: +49 (0) 551 290 92 22
www.visuelle-ethnographie.de
Bestellnummer: IVE 150 50
Unter drei schon aus dem Haus
Dr. Adelheid Müller-Lissner befragte Eltern mit unterschiedlichen Betreuungserfahrungen, sprach mit Entwicklungspsychologen, Pädagogen, Erziehungsberatern und Ärzten sowie mit Wissenschaftlern aus mehreren Ländern. Auch Mitarbeiter und Eltern im Kinder- und Familienzentrum Schillerstraße wurden interviewt. Ihr Buch, das sie im Folgenden vorstellt, gibt jungen Eltern eine Entscheidungshilfe und regt zugleich zu einer sachlichen Diskussion an.
Kleinkindbetreuung – Studien statt Stammtisch-Streit
Kann man es verantworten, ein ein- oder zweijähriges Kind schon „außer Haus von einer Tagesmutter oder in einer Kinderkrippe betreuen zu lassen? Eine höchst aktuelle Frage, seit Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen den Ausbau des Angebots für die unter Dreijährigen zügig vorantreibt. Eine Frage nicht zuletzt, an der sich die Geister scheiden, zumindest in Deutschland: Familien- und Karrierefrauen werden da gegeneinander in Stellung gebracht. Und die durchaus kontrastreichen familiären Vorwende-Erfahrungen und Vorurteile aus Ost und West ebenso.
Fragt man den Entwicklungspsychologen Jay Belsky von der Birkbeck University in London danach, dann stellt der gern eine Gegenfrage: Ist es gut oder schlecht für die Gesundheit, häufig in Restaurants zu speisen? Er kann sich darauf verlassen, dass seine Gesprächspartner darauf ganz spontan mit einer ausgewogenen Antwort reagieren: Kommt ganz drauf an, sagen sie meistens. Darauf, was in dem Lokal auf der Speisekarte steht, ob man dort mit frischen Zutaten kocht, ungesättigte Fettsäuren bevorzugt und viel Obst und Gemüse auftischt, oder ob vorwiegend dicke Saucen, versalzene Bratkartoffeln und fette Würste serviert werden.
Kommt ganz darauf an – das ist in groben Zügen auch die Antwort von Entwicklungspsychologen, Verhaltensbiologen und Kleinkindpädagogen auf die umstrittene Betreuungsfrage.
Joachim Bensel von der Forschungsgruppe „Verhaltensbiologie des Menschen in Kandern bei Freiburg, der selbst an einigen Studien zum Thema beteiligt war, fasst die Studienlage zusammen: „Wenn ein Kind ein paar Stunden am Tag in einer solchen Einrichtung qualitativ gut betreut wird, gibt es im Prinzip keine allgemeingültige Altersgrenze. Entscheidend sei der individuelle Blick auf das einzelne Kind und dessen Bewältigungskompetenz. „Dass Kinder nicht allein von Mutter und Vater, sondern auch von anderen Menschen betreut wurden, hat es schließlich auch in früheren Zeiten und in anderen Gesellschaften immer schon gegeben. Die anthropologische Forschung gehe sogar davon aus, dass der Mensch eigentlich zum Typ des „Kollektivbrüters gehört. „Das heißt, dass sich in unserer Spezies nicht eine Person allein um den Nachwuchs kümmert, sondern dass immer eine gewisse Zahl von Personen diese Aufgabe übernommen hat, die allerdings meist gut miteinander vertraut gewesen sind: die Tanten, die Großmütter oder zumindest Menschen aus dem engeren Stammeskreis. Durch mehrere vertraute Hände gereicht zu werden, ist für kleine Kinder also etwas durchaus Normales. Schon deshalb sei es sehr schwierig, aus wissenschaftlicher Sicht ein prinzipielles Einstiegsalter für die außerfamiliäre Betreuung zu nennen.
Bensel findet es aber wichtig, die Frage nach dem Kita-Einstiegsalter nicht losgelöst von der nach der Qualität der Einrichtung, nach einer behutsamen Eingewöhnung und nach der Dauer des täglichen Aufenthalts des Kleinkinds außer Haus zu diskutieren.
Dass die Anzahl der dort verbrachten Stunden eine Rolle spielt, zeigt nicht zuletzt die seit dem Jahr 1991 in den USA laufende Study of Early Child Care (SECC), eine Langzeitstudie mit über 1000 Kindern, die das National Institute of Child Health Care and Human Development (NICHD) finanziert. Mit viel Geld wurden dafür die Kontrahenten der entwicklungspsychologischen Forscher-Szene der USA an einen Tisch gelockt. Jay Belsky ist einer der Studienleiter. „Aus der Kontroverse zwischen Kollegen geboren sei das Projekt, erzählt der Entwicklungspsychologe. „Hier mussten Leute zusammenarbeiten, die sich intellektuell sozusagen an die Gurgel gingen. Doch sie alle wussten, dass ihnen die sichere Datenbasis für ihre so unterschiedlichen Standpunkte eigentlich fehlte.
Die Wissenschaftler beeilten sich, die Mütter schon im Kreißsaal für ihre Beobachtungsstudie zu gewinnen. Die Babys wurden bereits in der Klinik untersucht, zwei Wochen später erkundigte man sich per Anruf bei den Eltern nach ihrem Wohlergehen, nochmals zwei Wochen später wurden sie zum ausführlicheren Interview gebeten. Weitere Dates mit den Familien gab es zunächst, als die Kinder ein halbes Jahr, 15 Monate, zwei, drei und viereinhalb Jahre alt waren. Schauplatz war zu Beginn die elterliche Wohnung, später auch die Betreuungseinrichtung, falls das Kind eine solche besuchte. In den Zeiten dazwischen gab es weitere Telefon-Interviews.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Kinder, die in ihren ersten Lebensjahren sehr viel Zeit in außerfamiliärer Betreuung verbracht hatten, unabhängig von deren Qualität später im Schulalter ein etwas problematischeres Sozialverhalten an den Tag legen. Die Unterschiede sind allerdings gering. „Es wird kaum möglich sein, in einen Klassenraum zu gehen und ohne zusätzliche Informationen die Schüler herauszufischen, die als Kleinkinder in einer Krippe betreut wurden, sagte Belsky. Dass „Krippenkinder im Schnitt selbstbewusster und weniger schüchtern auftreten, mag man zudem als Vorteil der frühen Notwendigkeit zur Behauptung in der Gruppe betrachten. Auch wenn das für die Lehrer manchmal weniger bequem ist.
Und die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass Kinder, die schon früh in eine Kita kommen, später im Sprechen, Lesen, Schreiben und Rechnen etwas besser abschneiden. Belsky mahnt jedoch zur Vorsicht, weil noch nicht fest steht, was gegen Ende der Schulzeit aus ihren Schäfchen werden wird. Das wird erst die Phase-4-Studie zeigen, in der die Puber