Exzellente Stadt Wolfsburg

Das Kinder- und Familienzentrum Paulus überzeugt mit Early Excellence Ausrichtung

Seit Anfang 2007 arbeitet die Kita Paulus in Trägerschaft der evangelischen Kirche am Wolfsburger Laagberg nach dem Early Excellence Ansatz, seit März 2008 offiziell als Kinder- und Familienzentrum. Auf den ersten Blick wirkt hier alles sehr idyllisch. Eine Kita im Grünen, umrahmt von Bäumen und Wiesen mit einladendem Außengelände. Genauer hingeschaut liegt Paulus in einem Stadtteil, in dem viele Migranten, Alleinerziehende und Familien wohnen, die Transferleistungen erhalten. Wie kam Early Excellence nach Wolfsburg? Was wurde hier in den letzten Jahren nach innen und außen bewegt? Zu diesen Fragen führte Isa Baumgarten ein Interview mit zwei Gesprächspartnerinnen, die von Beginn an in den Umsetzungsprozess involviert sind.

Kerstin Heidbrock ist Wegbereiterin für den Ansatz in Wolfsburg. Anfang 2010 hat sie die pädagogische Geschäftsführung der evangelischen Kindertagesstätten im Kirchenkreis Wolfsburg übernommen. Seit 2007 ist sie vom Verein zertifizierte Early Excellence Beraterin.

Sandra Gottwald ist Koordinatorin des Kinder- und Familienzentrums Paulus und absolviert in diesem Jahr die Weiterbildung des Vereins in Berlin.

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Kerstin
Kerstin Heidbrock

und
und Sandra Gottwald im Gespräch









Im Interview

Was ist spezifisch an der Stadt Wolfsburg?

HEIDBROCK: Wolfsburg wird sehr stark von dem großen Volkswagen-Konzern geprägt. Das verleiht der Stadt eine gewisse Dynamik und ermöglicht einiges, was in anderen Kommunen nicht unbedingt selbstverständlich ist. Bezogen auf die Familienpolitik besteht ein hoher Anspruch, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren. Das Thema Familienfreundlichkeit ist für Volkswagen und die Stadt Wolfsburg sehr wichtig. Auch bestimmte Bildungsbereiche, z.B. der Bereich Naturwissenschaft oder Bilingualität haben in Wolfsburg einen hohen Stellenwert. Hier merkt man ganz klar, dass in Wolfsburg ein Weltkonzern beheimatet ist. Wir merken in unserer Arbeit jedenfalls, dass Familienpolitik für die Stadt Wolfsburg ganz wichtig ist, dass auf den Bedarf von Familien geschaut und eingegangen wird. 

Sie sind die Frau der ersten Early Excellence Stunden in Wolfsburg. Wie sind Sie auf den Ansatz aufmerksam geworden?

HEIDBROCK: Mit dem Ansatz habe ich mich bereits vor acht Jahren, als ich noch Kita-Leiterin in Celle war, auseinander gesetzt. Nach einem Besuch unterschiedlicher Zentren 2004 in England war ich dann hundertprozentig überzeugt von Early Excellence. Mir wurde klar, dass wir einen Ansatz brauchen, der den positiven Blick auf Kinder und Familien hat, auf ihren Bedarf und ihre Bedürfnisse. Und dass eine andere Haltung der Erzieherinnen gegenüber Eltern nötig ist, eine positive, wertschätzende Atmosphäre in den Einrichtungen vorherrschen sollte. Wir müssen vor Ort Angebote schaffen, die es Eltern erleichtern, ihren Alltag zu meistern. In Celle konnte ich Early Excellence nicht mehr umsetzen, da ich eine neue Stelle als Fachberaterin in Wolfsburg angenommen hatte. Hier habe ich dann, nachdem ich beruflich gut angekommen war, nach einer Kita gesucht, die diesen Ansatz umsetzen kann. In der Paulus-Kita habe ich die Voraussetzungen hierfür gefunden, da sie bereits sehr Familien- Kind- und Stadtteilorientiert gearbeitet hat. Dann war es eigentlich ziemlich schnell klar, dass Paulus Kinder- und Familienzentrum wird. Das auch vor dem Hintergrund, dass die Kita in einem Stadtteil liegt, wo wir gute Angebote für Eltern brauchen.

Frau Gottwald, Sie arbeiten als Koordinatorin im Kinder- und Familienzentrum Paulus. Wie ist die Einrichtung strukturiert, wo kommen die Familien her?

GOTTWALD: In Paulus werden zurzeit insgesamt 95 Kinder in fünf Gruppen betreut. Wir sind eine integrative Einrichtung mit einer Integrationsgruppe und einer altersübergreifenden Gruppe von 0-6 Jahren. Außerdem haben wir noch eine Außengruppe im benachbarten Freizeitheim untergebracht. Im Laufe meiner Tätigkeit hier hat sich in Bezug auf das Einzugsgebiet unserer Kita einiges geändert. Am Anfang war es sehr gemischt. Zum einen gibt es den alten Laagberg, der mehr und mehr zu einem sozialen Brennpunkt wird: Er zeichnet sich durch einen hohen Migrationsanteil aus, hier leben viele Familien, die von Transferleistungen leben. Als Gegenpol kamen zu uns auch Kinder aus dem benachbarten Stadtteil Hageberg West, wo eher Mittelschichteinkommensfamilien leben. Als wir 2007 mit Early Excellence anfingen, haben wir eine Statistik gemacht, die wir kontinuierlich fortführen. Dabei hat sich herausgestellt, dass sich im Laufe der letzten Jahre die Einzugsgebiete in Richtung alter Laagberg verschoben haben und dadurch der Migrationsanteil gestiegen ist. Wir sind im Moment bei 53 %, 2007 hatten wir einen Anteil von 43 %.

Welche Nationalitäten sind in Paulus vertreten? Sind es insbesondere Italiener?

GOTTWALD: Sollte man meinen, wenn man an Wolfsburg denkt, ist aber nicht so. Wir haben keine Häufung einer größeren Nationalitätengruppe, sondern ganz viele unterschiedliche Nationalitäten. Als wir im neuen Kita-Jahr wieder alle Familien in ihrer Landessprache vorne im Eingangsbereich begrüßten, haben wir 19 verschiedene Schilder aufgehängt. Das entspricht etwa den verschiedenen Nationalitäten. Darunter sind zum Beispiel tunesische und türkische Familien, wir haben aber auch italienische, russische und mexikanische Familien, viele kommen aus Syrien, aus den arabischen Ländern. Oft sind es Nationalitäten aus den Ländern, wo Volkswagen Werke hat.

Frau Heidbrock, als Sie mit Ihrer Begeisterung für Early Excellence in die Kita Paulus kamen, wie war die Reaktion? Wurde gesagt, ach, warum sollen wir uns umstellen, wir machen ja eigentlich alles schon richtig?

HEIDBROCK: Ich habe hier eine sehr offene Haltung auch mit Spannung und Interesse für das neue Thema vorgefunden. Das hat es mir relativ einfach gemacht. In Gesprächen, ich denke da auch an unseren ersten Studientag, gab es natürlich kritische Nachfragen, dies aber im positiven Sinne. Große Widerstände habe ich allerdings am Anfang nicht gemerkt, immer wieder kleine im Umsetzungsprozess, aber das ist ja ganz normal.

Frau Gottwald, wie kam Early Excellence bei Ihnen an? War es etwas Neues für Sie oder haben Sie gedacht, das sind ja schon viele Sachen, die wir eigentlich kennen, vielleicht systematischer aufbereitet?

GOTTWALD: Genau. Eigentlich war es letztendlich das, an dem wir uns bereits ausrichteten: die Stadtteilorientierung, das einzelne Kind in den Mittelpunkt zu stellen und familienorientiert zu arbeiten. Das waren vorher schon unsere konzeptionellen Grundsätze. Von daher war Early Excellence nicht wirklich etwas Neues in seinen Grundaussagen, und das hat auch sehr zur Beruhigung aller beigetragen. Nur gab es auf einmal fassbare Begrifflichkeiten, eine andere Systematik. Und wir erhielten Antworten auf Fragen und Wege aus Sackgassen. Damals wussten wir nicht so richtig, wie wir den Familien hier vor Ort auch gerecht werden können. Mit den Instrumenten von Early Excellence haben wir gelernt, mit diesen Herausforderungen besser umzugehen. Und viele unserer Erzieherinnen haben es als persönliche Herausforderung gesehen, sich zum Beispiel beim Thema Erziehungspartnerschaft noch einmal neu auf den Weg zu machen.

HEIDBROCK: Das war eigentlich die konsequente Weiterentwicklung eurer Konzeption.

GOTTWALD: Ja, und jetzt sind wir in dem Prozess der Weiterentwicklung an dem Punkt wo wir sagen können: wir arbeiten nach dem Early Excellence Ansatz. Wir sind ein Kinder- und Familienzentrum! Im Moment tatsächlich das erste Kinder- und Familienzentrum in Wolfsburg. Dass das auch von vielen inzwischen in der Außenwirkung so gesehen wird, macht uns auch ein Stück stolz. Wir möchten den Early Excellence Gedanken weiter tragen und machen das mit viel Begeisterung und Engagement.

Sie sind also von Anfang an im Early Excellence Prozess involviert?

GOTTWALD: Ja, von Anfang an. Ich habe vor mehr als zehn Jahren als Erzieherin hier angefangen und habe als Erzieherin ‚ja‘ zur Einführung von Early Excellence gesagt. Dann wurde ich sehr schnell Koordinatorin im Kinder- und Familienzentrum Paulus.

Was genau machen Sie als Koordinatorin?

GOTTWALD: Ich habe eine sehr detaillierte Aufgabenbeschreibung und mein Arbeitsbereich ist dementsprechend facettenreich. Auf der einen Seite bin ich ganz nah bei den Familien und ihren Kindern sowie den Erzieherinnen hier in der Kita. Zum anderen bewege ich mich im Stadtteil, um ein Gespür für Bedarfe zu entwickeln, aus denen dann Angebote im Kinder- und Familienzentrum resultieren. Die entwickele ich immer mit unseren Kooperationspartnern, über die ich Angebote ins Zentrum hole. Eine wesentliche Aufgabe ist also die Begleitung der Angebote und der Austausch mit den Kooperationspartnern. Eine andere ist nach innen Ansprechpartnerin zu sein für die Kita – Leitung und das T