Drei Pilot-Kitas in Mülheim an der Ruhr auf dem Weg zur Early Excellence Einrichtung
Die sechsjährige Laura steht vor der Staffelei. Sie malt und mischt allerlei Farben. Die Erzieherin schaut der Kleinen zwischendurch über die Schulter. Das Mädchen probiert spontan aus, welche Mischungen zu welchen neuen Farben führen. Mia, die ihrer Kreativität auf der anderen Seite der Staffelei Ausdruck verleiht, streckt ihren Kopf herüber und betrachtet Lauras buntes Gemälde; die erklärt ihr, die Bedeutung der Kreise, Linien, Tupfer und Ornamente. Mias Finger zeigt auf einen orangefarbenen Fleck und sie ruft aus: „Die Farbe will ich auch! Zurück bei ihrem Bild und den Farben, stellt sie fest, orange ist nicht dabei. Sie wendet sich fragend an Laura, die kurz erläutert: „Die Farbe kommt, wenn du rot und gelb zusammentust. Farbenlehre! Welch eine Entdeckung! „Manchmal haben wir in der Vergangenheit eine Woche und länger gebraucht, um den Kindern das beizubringen. Hier ist es innerhalb einer halben Stunde wie von selbst passiert, kommentiert die Erzieherin begeistert.
Wir sind in der Kindertageseinrichtung Hummelwiese im Stadtteil Heißen. Zusammen mit der Kita Papilio in Dümpten und der Kita Menschenskinder in Eppinghofen beteiligt sie sich seit Januar 2008 an dem Projekt „Mülheim bildet – von Anfang an. Es ist eine auf drei Jahre angelegte Pilotphase, in der die drei Kitas ihre pädagogische Arbeit nach den Prinzipien des Early Excellence Ansatzes weiter entwickeln.
Dieses Vorhaben ist Teil einer umfassenden und langfristigen Strategie zur Schaffung eines zeitgemäßen und den aktuellen Erfordernissen angemessenen Gesamtkonzepts für die Bildung und Erziehung in dieser Stadt, wie sie die Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld mit der Mülheimer Bildungskonferenz im Jahre 2004 auf den Weg gebracht hat.
Das Pilotprojekt „Mülheim bildet – von Anfang an erfreut sich der fachkundigen Begleitung durch Frau Dr. Sabine Hebenstreit-Müller und deren Mitarbeiterinnen im Pestalozzi-Fröbel-Haus (Berlin) und Frau Prof. Dr. Ursula Rabe-Kleberg von der Martin-Luther-Universität (Halle-Wittenberg), die auch schon die Konzeptentwicklung entscheidend mitgeprägt haben. Zur Finanzierung kann erfreulicher Weise auf Fördermittel der lokalen Leonhard-Stinnes-Stiftung zurück gegriffen werden.
Ein Blick zurück:
02. September 2007 alle 38 städtischen Tageseinrichtungen sind zu einem Workshop in die Mülheimer Stadthalle geladen. Hier werden den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erstmals die Ideen von Early Excellence nahe gebracht und das Pilotvorhaben vorgestellt. Nach einer sich anschließenden sechswöchigen Ausschreibungszeit bewerben sich 10 Kita um die Teil-nahme am Pilotprojekt. Dazu legen sie in ihren Teams erarbeitete und abgestimmte Konzeptionen vor, die ihre spezifischen Vorstellungen der Umsetzung von Early Excellence ausweisen. Die drei überzeugendsten Bewerbungen werden im Zuge eines Auswahlverfahrens ermittelt. Dabei werden zusätzlich auch Standortgesichtpunkte berücksichtigt.
Am 14. November 2007 wird im Rahmen der Fachtagung „Orte exzellenter Erziehung und Bildung das Pilotprojekt der Öffentlichkeit bekannt gemacht und die drei ausgewählten Pi-lot-Kita vorgestellt.
Der dreijährige Entwicklungsprozess hin zu einer am Early Excellence Ansatz orientierten pädagogischen Arbeit wird in den Pilot-Kita durch drei Moderatorinnen begleitet.
Im Dezember 2007 findet für die Leitungsteams der drei Pilot-Kita und die Moderatorinnen die erste einer Reihe geplanter Fortbildungen im Pestalozzi-Fröbel-Haus statt. Danach ist klar: Der erste Umsetzungsschritt wird in der Öffnung der Kita-Gruppen hin zu einem Konzept offener Arbeit bestehen.
Für die Teams der Pilot-Kitas beginnt das Jahr 2008 gleich am 03. Januar mit einer einführenden Fortbildung. So gerüstet machen sich die Teams auf den Weg der Verwirklichung der Projektideen: Mit viel Elan, großem Einfallsreichtum und in einem rasanten Tempo verändern sie ihre bisherige Binnenstruktur so, dass mit Beginn des neuen Kindergartenjahres im Juli / August 2008 alle drei Piloteinrichtungen offen arbeiten.
Dass solche tief greifenden Veränderungen nicht ohne internen Diskussionsbedarf vonstatten gehen, versteht sich. Indes konstatiert der Vater von Elysea, der sich zu dem Vorhaben kritisch geäußert hat: „Ich bin zwar immer noch nicht restlos überzeugt, aber ich sehe, wie sehr meinem Sohn die Neue-rungen gefallen und wie gut es ihm dabei geht. Das ist entscheidend.
Ein halbes Jahr ist eigentlich nur eine sehr kurze Zeit für Änderungsprozesse in Institutionen. Umso erstaunlicher ist es, dass schon nach dieser kurzen Laufzeit für alle wahrnehmbare positive Auswirkungen ins Auge fallen.
So rasch wie die Entwicklung voran schreitet und wie Veränderungen sichtbar werden, so offenkundig ist auch die breite Akzeptanz des Early Excellence Pilotprojekts bei allen Beteiligten: Kinder, Eltern, Erzieherinnen und Erzieher. Wie sagt Vladimir, ein Knirps in der Kita Menschenskinder nach wenigen Tagen der freien Wahl zwischen den neu geschaffenen Funktionsräumen zur Kita-Leiterin: „Den anderen Kindergarten, den will ich nicht mehr wieder haben!
Text: Martina Kleinewegen
Die Pilot-Kita und ihre Leitungen:
Kita Hummelwiese, Michael Vossebein
Kita Menschenskinder, Heike Küßner
Kita Papilio, Sonia Rall
Die Projektbegleitung:
Koordinierungsstelle Integration, Nicole Linau; Kontakt: 0208/455-1531
Koordinatorin Pilotprojekt, Martina Kleinewegen; Kontakt: 0208/455-4571
Moderatorinnen, Karin Bode-Brock, Susanne Beckmann (Kita-Fachberaterinnen), Martina Kleinewegen (RAA-Leiterin)