Integrierte Zentren – Angebote für Kinder und ihr FamilienEin Ansatz der Gemeindeentwicklung
Es sind interessante Zeiten, in einem Children’s Centre zu arbeiten. Letztes Jahr hatten wir in England 800 Children’s Centres, und im Jahre 2008 wird es in den am meisten sozial benachteiligten Gemeinden in unserem Land 2.500 geben. Im Jahre 2010 werden es 3.500 sein. Tony Blair bezeichnete die Children’s Centres 2004 als neue Herausforderung und Zielsetzung für den Wohlfahrtsstaat und das Erziehungssystem. Ich glaube, dass Children’s Centres noch viel mehr als das sind. Mir scheinen sie ein Hoffnungsträger fortschrittlicher Politik zu sein, welche die individuellen Wünsche und Hoffnungen von Eltern und Kindern mit den gemeinsamen Ansprüchen von Familien verbinden und diese in die Gemeinde integrieren können.
Die Arbeit in den Children’s Centres
Children’s Centres sind Zentren für Kinder und ihre Familien. Einige von uns bevorzugen daher den Ausdruck Zentren für Kinder und ihre Familien. Sie müssen in der Nähe der Familien verwurzelt sein. In den meisten Children’s Centres wird man die folgenden Angebote finden:
– frühkindliche Erziehung
– ganzjährige erweiterte Öffnungszeiten, um Kinder und Familien zu unterstützen
– flexible integrierte Angebote für Kinder in Notsituationen und Kinder mit besonderen Bedürfnissen
– Erwachsenenbildung
– familienunterstützende Angebote
– ein Zentrum für freiwillige Arbeit und Gemeindeerneuerung.
Unsere Angebote in Pen Green sind auf die Bedürfnisse der Eltern und die der Kinder ausgerichtet. Neben einem hochwertigen Betreuungs- und Erziehungsangebot für Kinder machen wir Erwachsenenbildung mit der Vermittlung von Grundqualifikationen, wir haben Familienfortbildungen, wir bieten Vorbereitungen für mittlere und höhere Schulabschlüsse an und vieles mehr. Lehrer, Erzieherinnen, Erwachsenenbildner, Sozialpädagogen, Gesundheitsfachkräfte – sie alle arbeiten zusammen, um ein Angebot für Gruppen zu erstellen, das morgens, nachmittags, abends und am Wochenende stattfinden kann. Es gibt Gruppen für Väter, für allein erziehende Eltern, für Opfer von Misshandlungen und Vergewaltigungen, Eltern-Kind-Gruppen und solche für „Teenage-Mums. Wichtig ist, dass all diese Gruppen regelmäßig begutachtet und evaluiert werden.
In Pen Green gibt es zudem ein Forschungszentrum sowie Weiterbildungsangebote für Praktiker und ein Zentrum für die Entwicklung professioneller Leitungsqualitäten. Denn die Mitarbeiter in den Children’s Centres sind in der Regel auch Forschende. In Pen Green waren sie es vom ersten Tag an. Um auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene Gelder zu akquirieren, war es notwendig, Forschungsergebnisse zu veröffentlichen, unsere Arbeit zu evaluieren und die Effizienz unserer Arbeit nach außen zu demonstrieren. Wir mussten unsere eigene Praxis permanent hinterfragen und die Notwendigkeit und Erreichbarkeit unserer Angebote überprüfen. An diesem Forschungsprogramm sind die Eltern stets in hohem Maße beteiligt. Sie führen Interviews, sie dokumentieren die Lernfortschritte ihrer Kinder und sie führen Tagebücher, in denen ihre Mitarbeit im Zentrum dokumentiert wird.
Eine Herausforderung für den Status Quo
Children’s Centres stellen die traditionelle Konstruktion von Kindern und ihren Familien in Frage. Die Mitarbeiter in den Children’s Centres haben sich einem Ansatz verschrieben, der die Stärken in den Mittelpunkt stellt. Eltern werden als beste Erzieher ihrer Kinder und als passionierte Vertreter von deren Interessen angesehen und wertgeschätzt, und zwar nicht nur in Worten, sondern auch in der täglichen Arbeit.
Die Arbeit in den Children’s Centres fordert auch uns als professionelle Praktiker heraus. Wir müssen die Machtbalance zwischen den Bürgern und uns als Profis neu gewichten und flexible Räume gestalten, in denen wir mit den Eltern auf unterschiedliche Art und Weise zusammenarbeiten können. Wir müssen Mittel und Wege finden, unsere Dienste auf die Bedürfnisse unterschiedlicher Gruppen abzustimmen und auf diese zu reagieren, damit alle Familien in der Lage sind, diese wahrzunehmen. Dies bedeutet auch, dass die Mitarbeiter der Children’s Centres selbst hinausgehen und innerhalb der Gemeinde in unterschiedlichen Einrichtungen in der Wohnumgebung der Familien arbeiten. Es heißt auch, dass man die Menschen dort treffen muss, wo sie sich am wohlsten fühlen, und sie darin unterstützt, die Dienste von Fachleuten dort in Anspruch zu nehmen, wo es nötig ist.
Die Entwicklung professioneller Leitungsqualität
Die Children’s Centres fordern auch unser Konzept von Leitungsqualität heraus. Die komplexen Aufgaben, ein Children’s Centre zu leiten, bedeuten auch, dass die Leitung oder das Leitungsteam, welches das Zentrum führt, unterschiedliche Modelle der frühkindlichen Erziehung in Betracht ziehen und die Kinderbetreuung, die Familienunterstützung sowie das Erwachsenenlernen in einer Einrichtung vereinen muss. Dies alles macht die Entwicklung professioneller Leitungsqualität notwendig. Children’s Centres müssen den Erfordernissen der lokalen Gemeinde dienen und daher wird jedes Zentrum unterschiedlich aussehen. Vereinheitlichung ist der Feind der nachhaltigen Entwicklung und es wäre völlig unangemessen, wenn alle Children’s Centres gleich wären. Jedes einzelne hatte einen anderen Anfang und muss auf andere kulturelle Zusammenhänge reagieren.
Es ist die Aufgabe von Leitungskräften in Children’s Centres, bestehende Systeme aus dem Gleichgewicht zu bringen. Wenn die herkömmlichen Ansätze der Arbeit mit Kindern und Familien hocheffektiv gewesen wären, bräuchten wir keine Children’s Centres. Leitungskräfte von Children’s Centres müssen Gemeindeaktivisten sein. Oftmals müssen sie es mit traditionellen bürokratischen Systemen und Strukturen aufnehmen, und dafür brauchen sie jede erdenkliche Unterstützung.
Ich glaube, dass es vier kritische Faktoren gibt, die berücksichtigt werden müssen, wenn Children’s Centres wirklich gut funktionieren sollen. Der erste und vielleicht der wichtigste Faktor ist, dass die Mitarbeiter im Zentrum eine gemeinsame Grundüberzeugung und Vision haben müssen, gemeinsame Werte sowie einen von Prinzipien geleiteten Zugang zur Praxis. Wenn innerhalb des Zentrums unterschiedliche Vorgehensweisen erkennbar werden, wird es den Eltern sehr schwer gemacht. Der zweite Faktor ist die Notwendigkeit eines multidisziplinären und multifunktionalen Teams, in dem alle oder die meisten Disziplinen repräsentiert sind oder zumindest ein Team, dass zu anderen unterstützenden Einrichtungen eine enge Bindung hat. Ein dritter wichtiger Punkt sind gemeinsame Leitungstätigkeit sowie Management und eine konsistente Arbeit. In einem Children’s Centre wird man wahrscheinlich eher ein leitungsstarkes Team erfahrener Mitarbeiter finden, die an der Seite neuer und frisch qualifizierter Mitarbeiter arbeiten, als nur einen charismatischen Leiter oder Leiterin. Schließlich ist es von größter Bedeutung, dass alle Angebote auf einem gemeinsamen Gelände vorhanden sind oder zumindest innerhalb einer Entfernung, die man mit einem Kinderwagen gut bewältigen kann. Für die Eltern und Kinder müssen diese Dienste nahtlos aneinander anschließen. Alle vier vorher genannten Faktoren müssen vorhanden sein, wenn das Children’s Centre ein vollständig integriertes und umfassendes Dienstleistungsangebot für die örtliche Gemeinde sein soll.
Handeln für die Eltern
Wir müssen uns in den Children’s Centres auch für die Eltern einsetzen. Dies erfordert Mitarbeiter, die Fähigkeiten haben, sich mit erwachsenen Lernern zu beschäftigen. Für Mitarbeiterinnen, die es gewohnt sind, nur mit kleinen Kindern zu arbeiten, kann dies eine wahre Herausforderung darstellen. Von Chris Athey und Anne Mead wissen wir, dass die Kinder mehr erreichen und zufriedener sind, wenn ihre Erzieher mit den Eltern zusammenarbeiten und gemeinsame Vorstellungen davon haben, wie sie ihr Lernen erweitern und unterstützen können. Dies erfordert Profis mit einem tiefen Verständnis von frühkindlicher Pädagogik, aber auch von Erwachsenenpädagogik. Mitarbeiter in Children’s Centres sind kulturelle Makler und Mediatoren. Sie müssen mit den Eltern eine gemeinsame Sprache und ein gemeinsames Verständnis darüber entwickeln, wie Kinder lernen und warum sie das tun, und zwar zu Hause ebenso wie im Kindergarten. Die Mitarbeiterinnen müssen die elterlichen Theorien über die Entwicklung ihrer Kinder und über deren häusliches Lernen verstehen. Sie müssen wiederum mit den Eltern ihr theoretisches und praxisorientiertes Wissen, das sie durch die Beobachtung des Kindes im Kindergarten gewonnen haben, teilen. Es erfordert viel Fingerspitzengefühl und kontinuierliche professionelle Entwicklung, eine gemeinsame Sprache zu entwickeln, aber die Resultate dieser Arbeit sind extrem viel versprechend.
Multidisziplinäre, multifunktionale Dienste müssen komplex sein. Wir müssen auf eine komplexe, sich stets verändernde und oft chaotische Welt reagieren. Leitungskräfte von Children’s Centres haben es gelernt, es als Kompliment anzusehen, wenn man sagt, dass sie nerven. Ihr Motto ist „nutze den Tag und lasse niemanden dabei zurück.
Wenn wir eine nachhaltige Arbeitskräfteentwicklung aufbauen wollen, um die Strategie integrierter Zentren weiterzuentwickeln, wenn wir uns diesen neuen Aufgaben stellen wollen, dann brauchen wir selbstbewusste Profis. Wir brauchen sichere, kompetente und reflexive Praktiker, die in der Lage sind, das Erlernen von Führungsqualitäten innerhalb des Zentrums zu entwickeln und die fähig sind, eine nationale und internationale Lerngemeinschaft quer über alle Children’s Centres aufzubauen.