Weiterbildung und Zertifizierung

Kindertagesstätte „Menschenskinder“ in Mülheim: Laudatio von Prof. Dr. Sabine Hebenstreit-Müller zur EEC-Zertifizierung am 12. Juni 2014

 

Liebe Frau Küßner,
liebes „Menschenskinder“-Team,

als Vorsitzende des eec-Rates darf ich Ihnen heute das Zertifikat „eec deutschland“ überreichen. Die „Menschenskinder“ sind damit neben „Papilio“ und der „Hummelwiese“ die dritte Kindertagesstätte, die in Mülheim zertifiziert wurde. Damit sind nun alle drei Pilotstandorte Konsultationseinrichtungen und können in Mülheim und weit darüber hinaus zeigen, was Early Excellence praktisch bedeutet.

2007 haben Sie sich beworben als EEC-Einrichtung und haben 2008 mit dem Prozess gestartet. Heute nun werden Sie ausgezeichnet als eine beispielgebende Einrichtung, die andere motivieren kann, sich ebenfalls auf den Weg zu machen.
Dazwischen liegen nunmehr sechs Jahre intensiver Entwicklungsarbeit, in der die „Menschenskinder“ vom Kopf auf die Füße gestellt wurden. Damals wie heute waren Ihre Ansprüche immer hoch gesteckt.
Vor sechs Jahren war es vor allem der Blick auf Schule und die daraus resultierenden Erwartungen an Förderung, die für Sie ein wichtiger Maßstab waren. Am Anfang, das gebe ich zu, war ich durchaus skeptisch, wie Early Excellence bei Ihnen verankert werden würde: Es gab schon eine recht starke Orientierung an schulischem Lernen und an Schulfähigkeit. Und dabei waren Sie ja auch erfolgreich und hatten einen guten Ruf – bei Eltern und Kooperationspartnern. Warum sollte man also daran etwas ändern?

Im Nachhinein würde ich sagen, dass es zwei Dinge waren, die Sie angetrieben haben, sich auf EEC einzulassen. Zum einen der Reiz, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Zum anderen aber vor allem Ihr Wunsch, das Beste für die Kinder zu erreichen.
Das ist und bleibt Ihr Maßstab – und das ist gut so.

Wenn Sie etwas anpacken, dann mit Entschiedenheit und Konsequenz. Halbe Sachen gibt es bei Ihnen nicht. Das gilt dann auch für den Aufbau von EEC.
Es war beeindruckend, wie Sie sich als Team mit ihrer Leitung auf die Philosophie einer auf das Kind zentrierten und von diesem aus denkenden Pädagogik eingelassen haben. EEC bot für Sie ja letzthin eine neue Chance, Ihre Orientierung an Janusz Korczaks Pädagogik der Achtung und des wechselseitigen Respektes im praktischen Alltag gezielter umzusetzen.

Korczak verteidigt das „Recht des Kindes, so zu sein wie es ist“ wie auch das „Recht des Kindes auf seinen heutigen Tag“ und meint bezogen auf Letzteres:
„Um der Zukunft willen wird gering geachtet, was es (das Kind) heute erfreut, traurig macht, in Erstaunen versetzt, ärgert und interessiert. Für dieses Morgen, das es weder versteht noch zu verstehen braucht, betrügt man es um viele Lebensjahre“. (Janusz Korczak (2005): Wie man ein Kind lieben soll. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 45)

Im Übrigen finde ich, dass solche Rechte durchaus auch auf Erwachsene übertragen werden können.

Die auf die Stärken und Potentiale gerichteten Beobachtungen der Kinder können ein Weg sein zu mehr Be-Achtung in dem, was sie tun, was sie bewegt und was ihnen wichtig ist. Eine Grundvoraussetzung für Respekt! Diese Art zu beobachten kommt Ihnen insofern sehr entgegen. 1x in der Woche beobachten Sie ein Kind, tauschen sich darüber im Team aus und erarbeiten ein individuelles Angebot. Schließlich folgt das Gespräch mit den Eltern, die auch mal Ihre vielfältigen Dokumentationen wie Situationsbücher, Ich-Bücher oder Portfolio-Ordner mit nach Hause nehmen dürfen. Nicht nur die Kinder, auch ihre Eltern freuen sich darüber, anderen zeigen zu können, was schon die Jüngsten alles können.

Kinder so zu beobachten und ihnen eine reichhaltige Umgebung für Selbst-Bildungserfahrungen bieten zu können, erfordert zumeist eine Umorganisation der Kita von der Gruppen- zur offenen Arbeit. Das war angesichts von mehr als 65 Kita- und Hortkindern auf vier Stockwerken und anfangs nicht gerade anheimelnden Räumen durchaus ein Kraftakt. Es ist schon erstaunlich, wie Sie es unter diesen Bedingungen hinbekommen haben, für die Kinder attraktive und zugleich übersichtliche Bildungsräume zu schaffen, in denen sie sich selbständig und frei bewegen! Wie leicht resultiert aus der Umstellung auf offene Arbeit einfach nur Chaos und Verunsicherung, wenn nicht gleichzeitig darauf geachtet wird, dass neue Ordnungs- und Orientierungssysteme entstehen.
So stand für Sie von Anfang an fest, dass neue Strukturen Klarheit und Verbindlichkeit brauchen. Dies gilt dann für die Erzieherinnen, die sich mehr als vorher miteinander absprechen müssen, aber auch für die Kinder, für die Sie Orientierungssysteme erarbeitet haben.
Den Kindern macht die Benutzung der Magnettafeln, auf denen sie ihre Entscheidung für einen der Räume sichtbar machen, große Freude. Und die Erzieherinnen wie die Eltern bekommen so einen Überblick darüber, wo sich die Kinder gerade aufhalten.

Dass die Kinder sich in Ihrer Einrichtung wohl fühlen ist Ihnen ein wesentliches Anliegen und wird allenthalben spürbar. Dafür tun Sie eine Menge. Sie unterstützen die Kinder, selbst Entscheidungen zu treffen, nehmen sie ernst und unterstützen sie bei der Realisierung ihrer Anliegen und Spielideen.
Von gegenseitiger Wertschätzung und wechselseitigem Vertrauen geprägt ist auch die Zusammenarbeit mit den Eltern, die mit EEC noch einmal deutlich intensiviert und auf eine solide Grundlage gestellt wird. Sie schätzen die Eltern als erste Experten ihrer Kinder, beziehen sie aktiv ein in der Kita, geben ihnen Raum und Zeit.
Und umgekehrt gilt auch: Die Eltern wissen, dass sie es mit ausgewiesenen Fachkräften zu tun haben, denen die optimale Unterstützung ihrer Kinder eine Herzensangelegenheit ist.

So viel Anspruch an gute Arbeit kann allerdings auch zu einer Belastung werden – für jede Einzelne wie für das Team als Ganzes.

Wenn ich Ihnen nun abschließend einige Wünsche mit auf den Weg geben möchte, dann sind es die:

Genießen Sie einfach mal, was Sie alles geleistet haben!
Machen Sie kleine Schritte und freuen Sie sich daran!
Und beherzigen Sie dabei das schöne EEC-Motto: Celebrate success!

Prof. Dr. Sabine Hebenstreit-Müller


Zum Weiterlesen:

Informieren Sie sich über die EEC-Zertifizierung auf der Internetseite von eec-deutschland.