Familienzentren in Hannover

Ein Bericht von Heike Engelhardt und Andreas Schenk


Gesellschaftlicher Rahmen

Der Ausgangspunkt für die Einrichtung eines Familienzentrums ist die Annahme, dass alle Eltern ihren Kindern die besten Entwicklungsmöglichkeiten bieten wollen, aber viele Eltern nicht genau wissen, was das Beste ist und wie sie es erreichen können. Eltern haben einerseits zunehmend die Schwierigkeit, den steigenden Ansprüchen sowohl in der Erziehung als auch im Beruf zu genügen. Andererseits entsteht spätes-tens seit PISA ein gesellschaftlicher Druck auf alle erzieherisch Tätigen sowohl im Elternhaus als auch im Kindergarten und in der Schule. Hierbei spielt zunehmend die Gestaltung von Übergängen zwischen Elternhaus und allen Bildungsinstitutionen ei-ne bedeutende Rolle.

Damit die optimale Förderung unserer Kinder gewährleistet werden kann, müssen Eltern, ErzieherInnen, LehrerInnen und alle weiteren Akteure kooperieren. Eltern sind die ersten und maßgeblichen Vorbilder von Kindern. Deshalb brauchen Kinder kompetente, starke Eltern, die sich und ihren Kindern etwas zutrauen und nachhaltig fördern und fordern.
Die Zusammenarbeit mit Eltern ist bereits Bestandteil in Kindertageseinrichtungen. Allerdings hat die Bedeutung und Wertigkeit in unserer heutigen Zeit einen anderen Stellenwert eingenommen. Die Rede ist von Elternbildung.

Vor diesem Hintergrund wandelt sich die Zusammenarbeit mit Eltern. Zum einen stehen heute das Erreichen von Erziehungspartnerschaften zwischen Eltern und Erzie-herinnen im Vordergrund. Der Blickwinkel der Erzieherinnen öffnet sich damit aus der Sicht der Kinder in einen systemischen Ansatz, d. h. Anwalt der Familien zu werden und nicht mehr nur Anwalt des Kindes zu sein. Zum anderen stehen die Einrichtungen vor der Herausforderung, Angebote mit Eltern zu entwickeln, die deren erzieherische, persönliche und berufliche Kompetenz stärken.


Rahmenbedingungen in Hannover

Zum Haushalt 2006 hat der Rat der Landeshauptstadt Hannover (LH) erstmalig 200.000 € zur Weiterentwicklung von Kindertagesstätten zu Familienzentren eingesetzt. Mit diesen Mitteln soll an geeigneten Standorten in Stadtteilen mit schwieriger Sozialstruktur in enger Kooperation mit dem Fachbereich Bildung und Qualifizierung durch neue Konzepte in Kindertagesstätten familien- und kinderunterstützende Angebote geschaffen werden. (s. Informationsdrucksache Nr. 1624/2007, LH Hannover).

Mittlerweile hat die LH Hannover dieses Programm in weiteren zwei Abschnitten auf insgesamt 15 Familienzentren erweitert und die entsprechenden Mittel dafür in den Haushalt eingestellt. Für 2009 ist eine Erweiterung um vier Familienzentren vorgesehen. Die regionale Entwicklung von Familienzentren in Hannover orientiert sich an der Rahmenkonzeption „Familienzentren Hannover. Die Aufnahme von Kindertageseinrichtungen in das Programm der Stadt Hannover ist u. a. abhängig davon, dass bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden.

Adressen der Familienzentren in Hannover


Übersichtskarte der Familienzentren


Vergabekriterien


Trägerübergreifendes Profil

Jeder Träger der freien Jugendhilfe, der in Hannover Kindertageseinrichtungen betreibt, ist mit mindestens einem Familienzentrum am Programm beteiligt. Neben einem trägerübergreifenden Corporate Design besteht die Verpflichtung aller Einrichtungen den EEC Ansatz konzeptionell einzuführen. Dies wird durch die Träger aktiv unterstützt.

Darüber hinaus findet zweimonatig das „Forum Familienzentrum statt, das als wesentliches Austausch-, Beratungs- und Entwicklungsgremium etabliert ist. Es richtet sich an die Leitungen, Koordinatorinnen sowie die Fachberatungen. An der vom Verein „Early Excellence – Zentrum für Kinder und ihre Familie angebotenen Weiterbildung zur „EEC BeraterIn nahmen 2007 mehrere Fachberatungen aus Hannover teil. Ziel war es, ein trägerübergreifendes Fortbildungsprogramm aufzubauen und umzusetzen.

Verpflichtend für alle Träger ist die Einführung eines einheitlichen an EEC angelehnten, ressourcenorientierten Beobachtungssystems. Der Fortbildungsbereich und die weitere Qualitätsentwicklung der Familienzentren wird in enger Abstimmung aller Fachberatungen mit dem Fachbereich Jugend und Familie entwickelt und umgesetzt.
Dies bildet einen wesentlichen Bestandteil für das trägerübergreifende Profil der Familienzentren in Hannover.


Ausstattung

Jedes Familienzentrum wird jährlich zusätzlich mit 40.000 € durch die Stadt gefördert. Davon entfallen ca. 25.000 € für Personalkosten, um eine halbe Koordinationsstelle für die Vernetzungsleistung und Elternbildungsangebote einzurichten und ca. 15.000 € für Sachkosten. Der Fachbereich für Jugend und Familie hat eine Fachberatungsstelle eingerichtet, die mit einer halben Stelle den Entwicklungsprozess der Familienzentren in Hannover koordiniert. Darüber hinaus finanziert die Stadt das trägerübergreifende Corporate Design der Familienzentren Hannover und übernimmt die Kosten für die Druckerzeugnisse des Programms sowie jeweils die erste Auflage der einrichtungsbezoge-nen Kurzinformationen. Die Heinz und Heide Dürr Stiftung unterstützt die LH Hannover mit 200.000 € für die Entwicklung der hannoverschen Familienzentren zu Early Excellence Centres. Durch diese finanzielle Unterstützung ist es erst möglich geworden, das umfangreiche Fortbildungsprogramm zu realisieren.


Historie

Seit Mai 2006 ist die städtische Kindertageseinrichtung Gronostraße das erste Familienzentrum dieser Art in der Landeshauptstadt Hannover. Der Entwicklungsprozess von der „Kita zum Familienzentrum begann im Jahr 2002. Die Kindertageseinrichtung Gronostraße nahm Kontakt zur FLUXUS Elternwerkstatt auf. Das FLUXUS – Netzwerk Hannover gehört zum Bundesprogramm der „Lernende Regionen – Bildung von Netzwerken.

Ziel war es, die bisher in der Kita praktizierten Elternbeteiligungs- und Elternbildungsangebote durch eine Konzeption verlässlich abzusichern. Eine Zukunftswerkstatt bildete den Auftakt für diese Konzeptionsentwicklung. Im Rahmen einer „Kerngruppe wurde bis zum Ende 2003 die Konzeption entwickelt und Anfang 2004 der Entschluss im Team der Kindertagesstätte gefasst, diese neue Konzeption „Von der Kindertagesstätte zum Familienzentrum umzusetzen. Die weiteren Meilensteine bis zur Eröffnung des Familienzentrums Gronostraße bildeten eine Elternbefragung, die Entwicklung eines Raumkonzeptes für das Familienzentrum, ein Teamentwicklungsprozess und das Werben in den Verwaltungs- und politischen Gremien sowie die Einrichtung einer Halbtagsstelle zur Koordination der Elternbildungsangebote.

Die Konzeption überzeugte auch den Rat der Stadt Hannover, so dass entsprechend Mittel in den städtischen Haushalt eingestellt wurden. Zum neuen Kindergartenjahr starteten vier weitere Familienzentren. Ein trägerübergreifendes Corporate Design „Familienzentren Hannover wurde im ersten Jahr unter großer Beteiligung der ersten Familienzentren entwickelt. Es entstanden eine Übersicht, die über die Programmatik „Familienzentren in Hannover informiert, und fünf einrichtungsbezogene Kurzinfor-mationen.

Das Forum Familienzentrum wurde eingerichtet, das sich als wichtiges Austausch-, Beratungs- und Entwicklungsgremium etabliert hat. Im August 2007 konnten sechs weitere Familienzentren gefördert werden. Außerdem nahmen Fachberatungen der Träger an der EEC Weiterbildung in Berlin teil und entwickelten ein abgestimmtes, trägerübergreifendes Fortbildungsprogramm für das pädagogische Personal.

Durch das Engagement der Heinz und Heide Dürr Stiftung konnten in 2007 und 2008 erste Teile dieses Fortbildungsprogramms umgesetzt werden. Im August 2008 wurden vier weitere Kindertagesstätten in das Programm der LH Hannover aufgenommen werden.


Fortbildung

Das Fortbildungsprogramm für die Familienzentren umfasst folgende Schwerpunkte:
– Changemanagement – Organisations-/Teamentwicklung für Leitungen und Koordination
– Ethischer Code und pädagogische Strategien für das gesamte pädagogische Personal
– Umgang mit Medien – Dokumentation mit der Digitalkamera und Videofilm für das gesamte pädagogische Personal
– Einführung des Beobachtungssystems nach EEC im Rahmen von ein bis zwei Studientagen und Begleitung in Dienstbesprechungen für Familienzentren
– Supervision und Coaching
– Integrative Familienarbeit

Die Fortbildungen werden u. a. mit Referenten/innen des EEC Vereins aus Berlin durchgeführt. Der ethische Code und die pädagogischen Strategien werden von den Fachberatungen der hannoverschen Träger eingeführt. Das Beobachtungssystem nach EEC, mit dessen Einführung in diesem Jahr in zwei Familienzentren begonnen wurde, wird ebenfalls von den Fachberatungen begleitet. Somit können pro Jahr nur eine begrenzte Zahl von Teams in der Beobachtungssystematik geschult werden. Dieser Prozess wird voraussichtlich Ende 2010 abgeschlossen sein.

Voraussetzung zur Einführung des Beobachtungssystems ist, das alle MitarbeiterInnen eines Familienzentrums in den pädagogischen Strategien geschult sind und diese in der pädagogischen Arbeit gelebt wird. Durch Teamsupervision und Coaching wird die Veränderungsdynamik in den Teams begleitet. Entsprechend des Entwicklungsstandes der einzelnen Familienzentren wird der Schwerpunkt „Integrative Familienarbeit mit Referenten/innen des EEC Vereins 2009 und 2010 angeboten. Im Bereich Umgang mit Medien wird in 2009 ein einheitliches Schnittprogramm eingeführt, dessen Handhabung in Fortbildungen praktisch vermittelt wird. Die Fortbildungen finden sowohl in den jeweiligen Teams als auch trägerübergreifend statt. Letzt